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Voice first: 2017 wird das Jahr der Sprachassistenten, aber wollen wir das überhaupt?

Lautsprecher wie Google Home mit eingebautem Sprachassistenten werden in einer neuen Produktkategorie zusammengefasst. „Voice first“ dürfte fundamentale Veränderungen in unseren Alltag bringen – vorausgesetzt die Hersteller bekommen das zunehmend datenschutzsensible Klientel davon überzeugt.

Kürzlich kamen mir ein paar Ideen, wozu ich einen smarten Lautsprecher mit Sprachassistenten verwenden könnte, und ich geriet ins Schwärmen:

„Google, wie ist nächste Woche das Wetter an meinem Urlaubsort?“
„Google, kannst du mich in zwei Stunden daran erinnern, meine Wäsche aus der Maschine zu holen?“
„Google, habe ich morgen ein Heimspiel?“

Ich habe lange keinen Nutzen an Sprachassistenten wie Apple Siri, Amazon Alexa, Microsoft Cortana oder dem Google Assistant gesehen. Aber das waren die ersten Beispiele, bei denen mir klar wurde, dass ich damit im Vergleich zu einer Webrecherche wirklich Zeit sparen würde.

Google Home: Lautsprecher mit Sprachassistent. Bild: Google

Einige dieser Sprachassistenten sind in Smartphones eingebaut. Und dann gibt es seit nicht all zu langer Zeit eine zweite Kategorie: smarte Lautsprecher wie Amazon Echo oder Google Home, die einen solchen Assistenten nicht nur eingebaut haben. Der Sprachassistent ist hier gleichzeitig die Benutzerschnittstelle. Kein Touchdisplay mehr, keine Tastatur, kaum Tasten. Man sagt, was man will und der Assistent erledigt es idealerweise gleich. Vor ein paar Jahren galt unter anderem bei Anwendungsdesignern „Mobile first„, also der Fokus auf mobile statt stationäre Geräte. Mittlerweile hat sich „Content first“ durchgesetzt, also die Inhalte zuerst, egal auf welchem Gerät. Nun sind also Geräte da, die „Voice first“ sind und wieder ganz andere Ansprüche stellen.

„Staubsauger, wie ist das Wetter in Kambodscha?“

Auf der CES 2017 in Las Vegas waren gleich einige davon zu bestaunen. Nicht nur in Form von Lautsprechern, sondern auch eingebaut in Autos, Staubsauger oder Kühlschränke. Während Google und Apple ihre Sprachassistenten eher unter Verschluss halten, zeigt sich Amazon mit der Lösung „Alexa“ sehr offen und hat sie auch für Dritthersteller freigegeben. Nachdem in den vergangenen zwei Jahren etwas weniger als zehn Millionen dieser Geräte verkauft wurden (besonders hohe Stückzahlen der wenigen Modelle gab es ja auch nicht), soll 2017 das Jahr des Durchbruchs für Voice-first-Geräte werden, vermutet VoiceLabs Analysis im 2017 Voice Report:

Verkauf von Voice-first-Geräten: Voicelabs erwartet den großen Durchbruch für 2017. Grafik: Voicelabs

„Die Stimme ist das Interface der Zukunft“, titelten die Kollegen von Golem.de Anfang des Jahres. „Der Aktionär“ sieht Alexa sogar als „Betriebssystem der Zukunft„. Und in de Tat: Wer nicht ganz auf den Mund gefallen ist, der kann mit Sprachassistenten clevere Anwendungen für sich arbeiten lassen, viel Zeit sparen und elegant das Smart Home steuern lassen.

Es gibt aber auch kritische Stimmen, und nicht zu wenige. Zum einen fehlten gerade den deutschen Versionen von Alexa oder Google Assistant noch etliche Funktionen und Befehle, kritisiert Golem im gleichen Artikel. Anpassen müsse sich jeweils der Mensch. Und obwohl man Alexa mittlerweile auch mit „Computer“ ansprechen kann, wird es noch sehr lange dauern, bis die Assistenten auf einem Niveau mit dem fiktiven Vorbild in der U.S.S. Enterprise sind:

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Dass mit solchen Geräten mittlerweile auch der letzte Winkel unseres Zuhauses vernetzt werden soll, moniert etwa Heise. Wired findet gleich sieben Gründe dagegen, wie arge Sicherheitsbedenken. So kann Alexa keine Stimmen unterscheiden, und der Partner sich dadurch etwa private Nachrichten der Partnerin vorlesen lassen. Oder den Kontostand oder oder. Und dann wäre da noch die Frage nach der Gesetzeslage.

Immer nur Datenschutzbedenken? Ja, zu Recht!

So praktisch die Lautsprecher auch klingen. Man darf nicht vergessen, dass man sich bei einem Kauf freiwillig ein Gerät ins Haus holt, das ab dann jedes Wort mitlauscht, das in der Umgebung gesprochen wird. Das wäre ja noch nicht so schlimm, wenn es nur die Diensteanbieter wie Apple, Google oder Microsoft wären. Aber zahlreiche Sicherheitslecks in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass kein System wirklich sicher vor Cyberangriffen ist. Und vor staatlichen Überwachungsprogrammen sowieso nicht. Zu leicht muss man die eigene Privatsphäre dann auch wieder nicht aus der Hand geben.

LG Smart Fridge 2017: Kühlschrank mit Alexa und WebOS. Bild: LG

Die Zweifel sind keine Kleinigkeiten und das wird auch die Anbieter vor Herausforderungen stellen. Bedenken über Datensicherheit und Privatsphäre haben sich in den vergangenen Jahren tief ins Bewusstsein der Bevölkerung eingeprägt. Und das wird auch zu Kaufzurückhaltung bei entsprechenden Gesprächen führen – da kann die Technik auch noch so interessant sein. Die Antwort der Hersteller darauf ist meist ein Achselzucken: Ist doch super, was wir hier anbieten, seht die vielen Vorteile und denkt nicht über die Folgen nach!

Das wird in der Argumentationskette nicht mehr lange ausreichen. Sicher, vielen ist das Thema Datenschutz und Privatsphäre egal oder sie denken zumindest nicht darüber nach. Aber dass ein zunehmender Teil das kritisch sieht, deutet jetzt schon an, dass Voice first unter diesen Voraussetzungen kein derart durchschlagender Erfolg wie Mobile first wird.

Samsung Powerbot VR7000: Staubsaugerroboter mit Alexa an Bord. Bild: Samsung

Und so brennt es mir unter den Fingern. Einerseits würde ich Sprachassistenten und sprachgesteuerte Smart-Home-Lösungen liebend gerne einmal ausprobieren. Andererseits bin ich nicht bereit, mein Intimleben mit einer Maschine, dem Großkonzern, der dahinter steht, und gar noch Cyberkriminellen zu teilen. Und so bleibe ich vorerst in der Rolle des Beobachters. Denn spannend finde ich die Entwicklung um „Voice first“ allemal, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Wäre ein Sprachassistent wie Alexa oder Google Home etwas für euch?

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Beitragsbild: Ford

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