Es sollte ein Smartphone für Fotografen sein. Mittlerweile wird das Kodak Ektra verramscht. Unser Schnelltest zeigt: Enttäuschend ist ausgerechnet die Bedienung der Kamera.
Ein Smartphone von Kodak, gebaut für Fotografen, mit physischen Tasten, im Retro-Look aber mit der Technik von heute. Wow. Schreibt mich auf die Liste!
Dachte ich im letzten Jahr, als Kollege Sven Wernicke das Kodak Ektra hier vorstellte. Kürzlich sah ich das Gerät dann bei einem Online-Händler in einem Fire Sale – für 99 Euro. Einen Selfie-Stick und eine Powerbank legte der Händler sogar noch obendrauf. Subtext: Bloß weg damit! 500 Euro hat das Ektra einmal gekostet. Was war da bloß passiert?
Erster Eindruck noch okay, aber die Kamera…
Das Problem zeigt sich leider ziemlich schnell nach dem Auspacken: Das Gerät ist ordentlich verarbeitet, aber so herausragend wie erhofft ist das Design nicht. Kein Metall, sondern Plastik verwendet Kodak im Ektra. Die Rückseite in Lederoptik ist ebenfalls Plastik. Das Ding wirkt nicht überaus hochwertig.
Und doch liegt es gut in der Hand. Zwar durch die Kamera-Linse und die Schaltknöpfe auf der Gehäuseseite etwas dicker geworden, aber durchaus angenehm zu benutzen. Auch die Erstinbetriebnahme hinterlässt einen guten Eindruck. Ein angenehmes modisches Hintergrundbild, eine aufgeräumte Oberfläche und Kodak-eigene Apps zieren den Startbildschirm. Kodak hat dem Gerät eine eigene, elegante Handschrift verpasst.
Insgesamt also ein durchaus ordentlicher erster Eindruck. Er hält leider genauso lange, wie man zum ersten Mal die Handykamera benutzt. Besonders schnell und leistungsfähig sollte der Autofokus sein. In der Praxis ist das Gegenteil der Fall. Das Kodak Ektra zoomt gefühlt ewig für ein Foto.
Kamera-Button startet Kamera nicht
Kodak hat im Ektra einen eigenen Kamera-Button eingebaut. Im Standby-Modus drückt man diesen zweimal, um die Kamera zu starten.
Im doch etwas fummeligen Auswahlrad auf dem Display, das dem einer Spiegelreflex- oder Systemkamera nachgeahmt sein soll, wähle ich die Bokeh-Funktion. Und muss noch länger warten. Das Kodak Ektra macht zwei Aufnahmen und rechnet dann erst einmal. Ziemlich lange, bis das Bokeh-Foto dann fertig ist. Das Ergebnis ist durchaus hübsch und kann mit einem Schieberegler sogar noch angepasst werden. Das Ergebnis der Verschiebung sieht man allerdings nicht live, sondern nach weiteren Berechnungen. Das geht mit anderen Smartphones schneller.
Dabei lesen sich die Kamera-Specs des Kodak Ektra durchaus fantastisch:
- Mit 21 Megapixeln löst die Hauptkamera auf, die Frontkamera auch noch mit stolzen 13 MP. Allerdings hat sich mittlerweile auch herumgesprochen, dass zu viele Megapixel auf einem kleinen Sensor eher zum Nachteil gereichen können.
- Die Hauptkamera wird von einem optischen 6-Achsen-Bildstabilisator (OIS) unterstützt und verfügt über einen Phase-Detection Autofokus.
- Fotos lassen sich im unkomprimierten RAW-Format aufnehmen.
- Ein manueller Aufnahmemodus soll Profi-Einstellungen und freies Experimentieren erlauben.
- Die Videokamera kann in 4K Ultra HD aufnehmen. Ein Super-8-Filter und weitere Spielereien sind von Haus aus mit an Bord.
Was außerdem positiv stimmt: Gleich nach dem Einschalten des Geräts spielt das Kodak Ektra mehrfach Updates ein. Klar, das nervt ein wenig, und ein Update auf eine höhere Android-Version als das installierte 6.0 ist leider nicht drin. Die Updates sollen allerdings die Kamera weiter verbessern, und sie beweisen, dass sich Kodak um das Gerät kümmert.
Und für ein Mittelklasse-Smartphone lesen sich die Specs ordentlich:
- 32 GB Speicher, aufrüstbar, 3 GB RAM
- MediaTek MT6797 Helio X-20 Decacore-Prozessor = 10 Kerne!
- 5,0-Zoll-Display mit 441 ppi und Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080px)
- Dafür ein ordentlich bemessener 3.000-mAh-Akku mit 5V 2A-Schnellladefunktion
- WLAN 802.11 a/b/g/n/ac (2,4 und 5 GHz), GPS und Glonass, wobei nur Bluetooth 4.1 zum Einsatz kommt.
- Sonstiges: Dual-Mikrofon, USB Typ-C
- Android 6.0 -> leider also nur die vorletzte Android-Version, diese allerdings recht unverfälscht.
Der Akku hielt bei mir im Test nicht übermäßig lange durch, war aber zufriedenstellend. Das System reagierte nicht immer besonders schnell und flüssig, etwa schon nicht bei der zum Start eingespielten Kodak-Animation. Viele Rechnerkerne bedeuten eben noch nicht zwingend auch schnelle Leistung. Für ein Einstiegsgerät aber alle Male zufriedenstellend.
Aber es ist das Kamera-System des Kodak Ektra, das beim Benutzer ein großes Fragezeichen hinterlässt:
- Autofokus und Aufnahme sind im Vergleich zu modernen Mittelklasse-Smartphones schlicht langsam.
- Das ganze Nutzungserlebnis der Kamera wirkt um Längen hinter denen moderner Smartphones von etwa Samsung oder Huawei.
- Das virtuelle Einstellrad, das einer Spiegelreflexkamera nachgeahmt sein soll, ist sehr fummelig zu bedienen. Das hätte größer sein müssen.
- Die Kamera-App lässt sich mit Druck auf den Home-Button nicht beenden. Es dauert eine Weile, bis man herausgefunden hat, dass man die App über das „x“ schließen muss, um zurück zum System zu kommen.
- Im manuellen Modus lässt sich die Blende nicht verstellen. Regelbar sind nur ISO und Verschlusszeit. Eine Halbautomatik mit Blenden- oder Zeitvorwahl fehlt.
- Und nicht zuletzt sind auch die Bilder ein Stück weit schlechter im Vergleich zu moderneren Smartphones. Das zum Vergleich herangezogene Huawei Mate 10 Pro wirkt besser. Allerdings gar nicht einmal so viel besser.
Hier ein paar Vergleichsfotos
Die Kamera des Kodak Ektra macht also gar keine so schlechten Fotos. Es ist die Anwendbarkeit, die zur Abwertung führt, weil sie schlicht veraltet wirkt und sehr wenig Spaß macht.
Fazit: Thema verfehlt
Der Eindruck, der über das Kodak Ektra bleibt, ist also ein überambitioniertes Smartphone der unteren Mittelklasse, mit dem man gar nicht mal unbedingt so gerne Fotos knipsen möchte. Thema also klar verfehlt. Schlussendlich ist es ein etwas besseres Einstiegsgerät, das nicht mehr kann als andere, aber immerhin etwas besser aussieht. Das Gerät für 99 Euro zu verramschen, scheint übertrieben, aber viel mehr als 200 Euro sollte man dafür wirklich nicht ausgeben.
Schade, Kodak hatte hier die richtige Idee, aber sehr viel Potenzial verschenkt und damit auch den eigenen Namen ein Stück weit aufs Spiel gesetzt. Das muss nicht zwingend das Ende der Smartphone-Ambitionen der neuen Firma mit altem Namen sein. Aber sollte es nochmal ein eigenes Smartphone von Kodak geben, dann muss es einschlagen, sonst ist das Thema durch.
Unsere Wertung: Kodak Ektra: 5.5/10
Korrektur: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, der zusätzliche Auslöseknopf könne die Kamera nicht einschalten, wenn das Smartphone sich im Standby-Modus befinde. Diese Information ist falsch. Man weckt die Kamera im Standby-Modus einfach, indem man zweimal schnell hintereinander auf den Kamera-Button drückt.