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Facebook-Account löschen: Was habe ich schon zu verlieren?

Datenleck bei Facebook. Doch welche Daten hat das soziale Netzwerk eigentlich über mich gespeichert? Ich habe nachgeschaut und nicht viel gefunden. Eine große Liebe war dies nie mit uns. Es ist Zeit, mich abzumelden.

Alle regen sich über Facebook auf, doch kaum einer löscht seinen Account beim größten sozialen Netzwerk. Die Aufreger sind zu abstrakt, als dass daraus ein persönlicher Leidensdruck entstehen würde. Der Datendiebstahl besteht ja nicht darin, dass mir plötzlich Daten fehlen würden. Der Schaden, der mir durch Facebook entsteht, ist meine Lebenszeit, die mir immer wieder in kleinen Stücken geraubt wird.

Trotz aller vollmundigen Versprechen, sich zu bessern, wird sich Facebook nicht grundlegend ändern. Der Raub von Zeit und Daten liegt im Wesen von Plattformen, die sich über Werbung finanzieren. Facebook wird stets versuchen, mir erstens mehr Werbung vor die Augen zu setzen und sich diese zweitens besser bezahlen zu lassen.

Herausfinden, was Facebook über mich weiß

Gleich im ersten Punkt mache ich Facebook einen Strich durch die Rechnung. Ich nutze den Adblocker uBlock origin, der mich die Werbung nicht sehen lässt. Statt Geld liefere ich Facebook aber Daten. Ich liefere eigene Beiträge und reagiere auf die Beiträge meiner Freunde. Dadurch lernt Facebook uns besser kennen und kann zumindest den Freunden teurere Werbung anzeigen.

Facebook und das böse Datenleck: Ist das Geschrei berechtigt?

Dennoch habe ich mich gefragt, was Facebook überhaupt über mich weiß. Dafür habe ich mir meinen Datensatz heruntergeladen. Dies könnt ihr selbst anstoßen, indem ihr in den Einstellungen auf „Lade eine Kopie deiner Facebook-Daten herunter“ klickt. Den Link findet ihr in den Einstellungen im Menüpunkt Allgemein ganz unten. Kurz darauf erhaltet ihr dann eine ZIP-Datei per E-Mail.

Nicht falsch, aber auch nicht richtig

Was ich dort finde, sind wirklich nur Daten – also Einzeldaten, die schön übersichtlich aufgelistet sind, aber keine Verbindungen, die eine tiefere Einsicht widerspiegeln. Ich sehe, dass Facebook nicht meine E-Mail-Adresse kennt, die ich im Alltag verwende. Mark Zuckerberg scheint auch meine Anschrift und meine Telefonnummer nicht zu wissen. Aber kann ich mich wirklich darauf verlassen?

Diese Daten hat Facebook über mich gespeichert: nicht viel und nicht nah an meinem Leben (Bild: Screenshot)

Immerhin kennt er mein Geburtsdatum, meinen Twitternamen und welche Cafés ich mal geliket habe. Klar, habe ich selbst angegeben. Ich sehe auch, wie Facebook mein Potential als Shopping Queen einstuft. Ich soll mich für Anzeigen aus sieben Werbesegmenten interessieren: Association football (Soccer), Coffeehouses, Indigo, Coffee, Euronics, Crafts, Germany. Mein Leben beschreibt das aber nicht. Nicht einmal ansatzweise.

Alles meine Schuld

Überrascht war ich, dass Facebook mir die Werbekunden nennt, die meine Kontaktinfos haben: Airbnb, notebooksbilliger.de, eBay Canada, eBay.de, Airbnb(エアビーアンドビー). Auch das entspricht meinem Kaufverhalten so exakt gar nicht. Keiner dieser Anbieter hat jemals nennenswert Geld von mir erhalten.

Werbung ist zentral für Facebook: mehr anzeigen und durch Profilbildung teurer verkaufen (Bild: Screenshot)

Ich bin erstaunt, wie wenig Facebook tatsächlich über mich weiß – oder zu wissen vorgibt. Offensichtlich habe ich viel zu wenig geliket in meinem Facebookleben. Derzeit sind meine Beiträge lediglich Kopien meiner Tweets. Das ist nicht viel, womit Facebook etwas anfangen kann – und vor allem kaum ein Hinweis darauf, wo ich mein Geld ausgebe.

Die falschen Freunde

Was habe ich noch in den Daten gefunden? Ehemalige Freunde, die ich schon längst aus den Augen verloren habe. Weil die Verbindung auf Facebook gelöst wurde oder weil sie den Empfängerkreis eingeschränkt haben und ich nicht mehr dazugehöre. Normalerweise sehe ich nur noch die Beiträge von vier, fünf Personen. Mit der Hälfte davon habe ich per WhatsApp und Telefon einen viel engeren Kontakt, mit der anderen Hälfte einen viel loseren.

Facebook bietet mir einfach keinen Mehrwert. Facebook ist ein Telefonbuch, kein Telefon. Ich bin dort mit Menschen verbunden, mit denen ich vor 25 Jahren durch die Kneipen gezogen bin, die ich aber auch seit 20 Jahren nicht mehr persönlich gesprochen habe. Sie leben jetzt unter anderem in den Niederlanden oder in der Schweiz, doch ich würde mich nicht bei ihnen melden, wenn ich in ihrer Stadt wäre. Aber ich könnte!

Angst, etwas zu verpassen

Stattdessen sehe ich Bilder von Konzertbesuchen und lese viele politische Aufrufe, denen ich dann doch nicht folge. Dennoch statte ich Facebook immer noch von Zeit zu Zeit einen Besuch ab. Es könnte sich zwischen all den Zeitdieben ja immer noch eine Perle verbergen. The fear of missing out nennen das Internet-Intellektuelle. Oder kurz: FOMO.

Wozu eigentlich noch Facebook?

Solange ich diesem Impuls noch nachgebe, lässt mich die Kampagne #deletefacebook kalt. Die Argumente leuchten mir ein. Im Prinzip sind sie mir auch schon seit Jahren bekannt. Aber könnte ich nicht doch einmal in die Situation kommen, jemanden aus meiner Vergangenheit kontaktieren zu wollen, dessen aktuelle E-Mail-Adresse ich nicht mehr habe? Eher nicht.

Das Leben ist anderswo.

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