Wir kauften einen 200-Euro-Laptop, der aussieht wie ein MacBook-Klon, und statteten ihn mit einem Linux aus, das aussieht wie macOS. Alles wie bei Apple, nur billiger? Leider nicht ganz.
Apples MacBooks sind teuer. Neue Laptops, die aussehen wie ein MacBook, gibt es dafür schon ab 200 Euro. Mein „teuflischer“ Plan: Linux auf einem solchen installieren, das einem macOS täuschend ähnlich sieht – und fertig ist der preiswerte MacBook-Klon. Dass der nicht genauso gut sein kann, ist klar. Aber wie viel schlechter? Und immer noch benutzbar? Das habe ich ausprobiert.
Die Hardware: Ein MacBook-Klon für 200 Euro
Apples urige MacBook-Designs haben tausende Produktdesigner inspiriert. Im Netz findet man Geräte, die einem MacBook Air oder dem 12-Zoll-MacBook täuschend ähnlich sehen, für Preise weit diesseits der 500 Euro. Ich wollte es besonders günstig und trotzdem noch halbwegs benutzbar haben. Meine Wahl fiel nach guten Rezensionen auf den 200 Euro billigen HKC NT14W-DE, einen silbernen 14-Zoll-Laptop.
Bei Euronics gibt es ähnlich ausgestattete und kaum teurere Modelle wie das Lenovo IdeaPad 120S oder das Trekstor SurfBook W1.
Das Betriebssystem: Elementary OS sieht aus wie macOS
Der HKC wurde mit Windows 10 ausgeliefert. Fair enough! Ich wollte allerdings, dass das Gesamterlebnis einem MacBook möglichst gleich kommt. Weil ich kürzlich über einen Artikel stolperte, der Linux-Distributionen im macOS-Stil vorstellte, war mir klar, dass meine Wahl darauf fallen würde.
Zwei Versionen testete ich schließlich: Elementary OS und Deepin Linux. Beide kommen unter anderem mit einer Programmleiste daher, die dem Mac-typischen „Dock“ nachempfunden ist. Weil Deepin sich par tout nicht neben Windows installieren wollte, sondern nur anstatt, fiel meine Wahl schließlich auf Elementary OS – trotz kritischer Stimmen.
Die Installation: Bisschen Tüftelei notwendig
Die ersten Gehversuche mit meinem MacBook-Klon machte ich auf dem vorinstallierten Windows – das natürlich erst einmal stundenlang Updates einspielte. Gleichzeitig lud ich über meinen eigentlichen Arbeits-Mac die beiden Linux-Versionen herunter und machte mit einem Tool namens Etcher Boot-fähige USB-Sticks daraus.
Mit ein wenig Hilfe aus dem Netz fand ich schließlich die notwendigen Einstellungen, um den HKC im UEFI-Modus zu starten, den Secure Boot zu überschreiben und Linux vom Stick zu starten. Elementary lässt sich sogar vor der Installation live testen.
Ist man erst einmal so weit und hat man dem System mitgeteilt, Linux neben Windows zu installieren, ist Elementary OS erstaunlich schnell installiert. Selbst der etwas müde Intel-Atom-Chip des HKC hat die Arbeit in kaum mehr als 20 Minuten erledigt. Die schicke Oberfläche startet, Elementary sieht toll aus, fast wie macOS. Fertig ist der MacBook-Klon mit Linux.
Die ersten Probleme: Und was jetzt?
Die Freude hält leider nur einige Sekunden. Ich möchte den MacBook-Klon natürlich als Erstes ins Internet bringen: neue Software installieren, im Web surfen, arbeiten. Ich rufe die Netzwerkeinstellungen auf und erhalte nur die Optionen VPN, Proxy oder DSL. Oha: Sollte Elementary etwa den WLAN-Chip nicht erkannt haben?
Ein Blick in die Foren und ein wenig Herumprobieren mit dem Terminal bestätigt die traurige Vermutung: Linux erkennt den WLAN-Chip nicht. Ich habe kein Internet. Problematisch ist das auch deswegen, weil sich ohne Netz natürlich auch keine Treiber nachladen lassen, selbst wenn man welche fünde.
Und gleiches Spiel leider auch beim Versuch, meine schnurlose Maus einzurichten. Das System erkennt den Bluetooth-Chip nicht. Ich benutze das integrierte Trackpad. Immerhin das funktioniert! Aber eine Maus wäre mir lieber gewesen.
Die ersten Lösungen und wieder Hoffnung
Ohne Internet ist der MacBook-Klon natürlich nichts wert. Wenn WLAN nicht geht, dann eben LAN! Einen Ethernet-Port hat der HKC leider nicht. Also bestelle ich im Netz einen USB-Ethernet-Adapter und schließe den Laptop per LAN-Kabel an meinen Router an. Und es keimt Hoffnung auf: Der Adapter wird vom System sofort erkannt – endlich bin ich im Netz!
Nun kann ich Updates einspielen und neue Software herunterladen. Den neuen Firefox etwa – Spotify! Das Installieren der Musiksoftware ist nicht gerade Click-and-Run, gelingt aber über das Kopieren und Einfügen weniger Befehle mit dem Terminal. Ich passe Dock mit Programmen nach Wahl an, darunter Gimp und ein Screenshot-Tool. Als ich den Dock – wie auf meinem MacBook Air – an die rechte Seite verschiebe, kommt erstmals so etwas wie ein Heimatgefühl auf. Alles fast wie auf dem Mac!
Die Ernüchterung: kein Sound, kein Spaß
Die Enttäuschung aber wieder nur Sekunden später. Die Registrierung bei Spotify klappt zwar problemlos, meine Playlists werden sofort erkannt, die Software ist auf dem neuesten Stand. Nur: Ich höre nichts. Das System hat auch meine Soundkarte nicht erkannt.
Nicht verzagen, die Foren fragen? Das Gute an Elementary OS ist, dass es auf Ubuntu basiert, die gut dokumentierte, wohl beliebteste Linux-Version für Privatnutzer. Was für Ubuntu gilt, gilt größtenteils auch für Elementary. Doch nach dem Wälzen einer ganzen Reihe von Forenbeiträgen, Drittanbieter-Seiten, Eintippen von Befehlen ins Terminal und Misserfolgsmeldungen ist klar: es geht nicht. Der MacBook-Klon bleibt ohne Sound, ohne Bluetooth, ohne WLAN. Und dann kann man’s irgendwie auch lassen…
Die Wahrheit über den MacBook-Klon liegt unter der Haube
Ich möchte wenigstens noch meinen Erfahrungsbericht (den ihr gerade lest) auf dem MacBook-Klon tippen. Aber auch hier machen sich schnell Probleme bemerkbar: Die Tastatur sieht zwar auf den ersten Blick genauso aus wie auf dem MacBook Air. Sie ist allerdings um Welten schlechter. Druckpunkt und Hub sind deutlich weniger intuitiv. Das Tippen fällt mir wesentlich schwerer. Auf die Leertaste muss ich fast einhämmern, damit das System darauf reagiert. Nach jedem dritten Wort wird trotzdem kein Leerzeichen erkannt.
Ich kehre reumütig zum MacBook zurück…
Zu erwähnen ist auch, dass der integrierte Akku im HKC zwar immerhin 6 Stunden durchhält, allerdings auch gut und gerne genauso lange braucht, bis er wieder aufgeladen ist. Kein Vergleich zum Schnelllademodus im MacBook. Auch im Standby saugt der MacBook-Klon wesentlich mehr Strom. Während ich mein MacBook Air manchmal einfach zuklappe und dann zwei Tage auf der Couch liegen lassen kann, wonach kaum Akkuladung fehlt, ist der Akku des HKC nach gleicher Behandlung leer. Kein Vergleich mit dem Komfort eines MacBooks.
Und: Mal eben schnell das Ding zuklappen und wieder aufwecken ist nicht. Ruht der HKC-Laptop, lässt er sich nur neu starten. Das Procedere erinnert an ein Soft Reset: Man muss zehn Sekunden die Power-Taste gedrückt halten…
Es steht fest: Der HKC-MacBook-Klon mit Elementary Linux für 200 Euro kann nur die absolute Notlösung sein. Ein gleichwertiger Ersatz zu einem MacBook oder auch nur ein halb so guter ist er leider nicht.
Wie läuft der MacBook-Klon mit Windows?
Was ich keinesfalls verschweigen möchte: Der HKC hier im Test ist schon der zweite, den ich teste. Das erste Gerät ließ sich nach ein paar Tagen gar nicht mehr anschalten. Beim ersten Boot musste er zunächst von Windows 7 (!) auf 10 updaten. Von den 32 GB Speicher waren am Ende nur noch 10 GB frei. Und zu allem Überfluss meldete der Windows Defender gleich beim Start das Problem, er hätte Viren entdeckt. Ein neuer Computer, der von Haus mit einem Virus ausgeliefert wird: autsch…
Die zweite HKC-Version, die ich bekam, war dann immerhin virenfrei. Unter Windows funktionierte alles, was unter Elementary OS nicht ging: Soundkarte mit – dem Preis entsprechend – schwachem Sound, WLAN und Bluetooth. Immerhin. Das Ding ist benutzbar. Wenn das Gesamtpaket mit Windows 10 auch nicht an meinen „Traum“ vom Linux in macOS-Optik herankommt.
Fazit: Wer ist Schuld?
Ach, ich glaube, man kann hier niemandem wirklich einen Vorwurf machen. Ein Hersteller, der einen Laptop in MacBook-Optik für rekordverdächtige 200 Euro verkauft, muss an etwas sparen. Dass das System für Windows optimiert ist und Linux dann einige Treiber nicht findet – auch damit muss man in dieser Preisklasse wohl einfach rechnen. Teilweise verwenden Hersteller nicht dokumentierte Chips. Wer billig will, muss eben damit rechnen, dass auch mal etwas schief geht.
Das MacBook-Klon-Experiment: Was nehme ich davon mit?
Der Versuch, aus einem 200-Euro-Laptop einen MacBook-Klon mit Linux zu basteln, ist zwar insgesamt fehlgeschlagen. Aber ich ziehe trotzdem gleich mehrere positive Erkenntnisse daraus:
- Linux! Kann durchaus hübsch sein, ist schnell installiert und ebenso reaktionsschnell, bietet viel Software-Auswahl und sogar so manche kommerzielle Software wie Spotify oder Vivaldi. Ich werde wohl noch einmal mit einem anderen Rechner wiederkommen und mir genauer anschauen, ob Linux inzwischen ein gangbarer dritter Weg sein kann. Mein Gefühl sagt mir: wenn alle Treiber erkannt werden, dann durchaus!
- Ein schicker Notfall-PC für 200 Euro! Auch das ist also möglich, zumindest unter Windows. Nein, den gleichen Komfort bieten HKC und Co. natürlich nicht. Aber man kann im Notfall damit arbeiten – und dann mit Stil. Wenn ich da an mein Vorgänger-Notfall-Laptop-Ungetüm denke, dass doppelt so teuer, aber dreimal so hässlich und trotz Intel Core i3 viel langsamer war. Dann doch lieber so!
- Heißa MacBook! Für Mac von Apple zahlt man viel Geld. Aber hat man erst einmal die andere Seite gesehen, dann weiß man, was man davon hat! Zuverlässige Hardware, ein angenehmes Arbeiten, tolle Software und zumindest manchmal das Gefühl von „It just works“.
Seit dem Experiment mit dem HKC macht mir die Arbeit mit meinem vier Jahre alten MacBook Air wieder etwas mehr Spaß. Sicher, das Ding muss über Kurz oder Lang doch wohl einmal durch etwas Neues ersetzt werden. Aber die Chance, dass meine Wahl dann wieder auf Apple fällt, ist groß.
Welche Erfahrung habt ihr mit Einsteiger-Laptops und Linux gemacht? Sagt es uns in den Kommentaren!