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Android Auto im Test: Immerhin, ich lebe noch!

Android Auto will dafür sorgen, dass wir beim Autofahren das Smartphone gar nicht mehr in die Hand nehmen müssen. Das gelingt bei uns im Test nur zur Hälfte – und das reicht nicht.

Ein Freund von mir wurde kürzlich von einem Auto auf die Hörner genommen. Der Fahrer war beim Linksabbiegen mit seinem Smartphone beschäftigt gewesen. Es ging glimpflich aus. Aber das Problem ist dadurch hinreichend gekennzeichnet: Unser heutiges Kommunikationsverhalten muss auf den Straßenverkehr abgebildet werden. Und auch wenn die milliardenschweren Silicon-Valley-Konzerne Apple und Google hier mitmischen, lässt sich nach einem Test mit Android Auto zumindest zu diesem Zeitpunkt konsternieren: Das alles ist noch lange nicht so weit.

Android Auto: angenehm reduzierte Oberfläche

Gut gemeint schützt vor Unfällen nicht

Was ich nicht in Abrede stelle, ist, dass Android Auto eindeutig in die richtige Richtung geht. Android Auto ist heute bereits für die Bordkonsolen bzw. der Infotainment-Systeme einiger Dutzend Fahrzeughersteller verfügbar. Wer kein derart modernes Auto hat, kann sich Android Auto aber auch einfach als App für ein Android-Smartphone herunterladen. Mein Test erfolgte auf einem Galaxy S8, das ich aktuell von Samsung im Test habe.

Android Auto: Der Google Assistent schaltet sich ein – aber versagt leider all zu oft.

Android Auto…

Tja, wohin jetzt? Android Auto versagt bei der einfachen Frage nach der nächsten Raststätte.

Schön gedacht, doch in der Praxis hapert’s

Das Zusammenspiel mit dem Google Assistenten ist der richtige Weg, aber er birgt Tücken und dazu kommen wir noch. Der Assistent kann eingehende SMS- oder WhatsApp-Nachrichten auf Knopfdruck vorlesen, so dass man sie nicht auf dem Display lesen muss. Denkt daran: Am Steuer kann jede Ablenkung die letzte sein, für euch oder für andere. Es muss bei einem Bordsystem also darum gehen, dass der Nutzer komplett, zu 100 Prozent ablenkungsfrei fahren kann. Leider liegen die Fallstricke wie so oft in der Praxis:

Man könnte argumentieren: Für die umständliche Entsperrung des Geräts bei laufendem Betrieb von Android Auto sei der Gerätehersteller verantwortlich. Das zieht für mich aber nicht. Denn Anbieter des Betriebssystems ist ebenfalls Google und der verlangt auf der anderen Seite, dass man seine Systeme absichert.

Und noch ein paar Bugs: Die Bitte, Musik abzuspielen, loggt Android Auto aus und schickt euch auf den Startbildschirm (links). Überdimensionierte Zurück- und Home-Button überlagern die eigentlichen Navigationstasten.

Dass sich einzelne Befehle nur mit Klicks und nicht per Sprache öffnen lassen, ist ein Versäumnis. Dass das ins System eingebundene Google Maps bei laufender Navigation Ergebnisse auf der Karte einblendet, statt sie vorzulesen, und noch nicht einmal selbständig zoomt, so dass man sie auf einen Blick lesen könnte, ist fast schon eine Fahrlässigkeit. Denn, immer daran denken: Ich bin hier meistens gerade nicht auf einem Parkplatz oder habe einen Beifahrer neben mir sitzen, sondern bin alleine unterwegs, im dichten Verkehr und fahre vielleicht mit 100 oder 150 Stundenkilometern um eine Kurve.

Android Auto: Von Zeit zu Zeit genial

In Einzelfällen zeigt sich, dass Googles clevere Ingenieure mitgedacht haben: Frage ich Android Auto etwa per Sprachbefehl, wie weit es bis Neustadt sei, geht die Maschinerie in Gang:

So sollte Android Auto eigentlich immer und zu jeder Zeit funktionieren. Der kürzeste Weg, nicht nur für die Strecke gemessen, sondern auch für die Laufwege des Systems. Das Gerät sollte bei laufendem Betrieb entsperrt bleiben, der Google Assistent sollte per Sprache für alles sorgen, sich nicht dümmer stellen als er ist und die Ergebnisse samt und sonders vorlesen statt anzuzeigen.

Navigiert automatisch zum Google Assistenten genannten Ort. Hin und wieder ist Android Auto clever.

Die Hälfte des Wege ist in der von uns getesteten Version Android Auto 2.5 für Android schon gegangen. Die andere Hälfte fehlt noch und sie ist diejenige, die über Leben und Tod entscheiden kann. Hier darf es keine Experimente geben, hier darf man sich nicht einmal mit 99 Prozent zufrieden geben. Ein System für Autos muss den (realistischerweise leider nicht erreichbaren) 100 Prozent so nahe kommen wie irgend möglich. Und hier steht Google noch ein weiter, weiter Weg bevor.

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