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Goodbye Google Maps: Sind Open Street Map und Here eine brauchbare Alternative?

In diesem Jahr will sich unser Redaktionsleiter Jürgen Vielmeier nach und nach von Google-Diensten verabschieden. Bei Google Maps fällt ihm das schon deutlich schwerer als beim Chrome-Browser. Die designierten Alternativen haben Tücken, bieten aber auch eine lange ersehnte Freiheit.

Adieu Datenkrake: Google ist aus meinem Alltag eigentlich nicht mehr wegzudenken und das ist das Problem. Denn weil US-Behörden dadurch auf meine Daten Zugriff haben, will ich ihnen die Sache zumindest ein bisschen schwerer machen und auf andere Services setzen. Deswegen meine Serie über Google-Alternativen. Beim Browser fiel mir das kinderleicht: Vivaldi ist ein tadelloser Ersatz für Google Chrome, der mir sogar besser gefällt. Aber wie sieht es bei anderen Diensten aus?

Google Maps: Alternativen mit Tücken

Ich gebe zu, an die ganz großen Brocken wie einen Ersatz für mein Standard-Mailaccount GMail (wird sehr schwer) oder die Google-Suche (schwer bis unmöglich) habe ich mich bislang noch nicht gewagt. Heute ist erst einmal Google Maps dran, das perfekte Tool, um zu überwachen, wo ich gerade bin. Gleich zwei Alternativen habe ich mir dafür ausgesucht: Here Maps und Open Street Map.

Daran dass es zwei sind, seht ihr schon einmal das Hauptproblem: Keiner der anderen beiden Dienste ist in meinen Augen so gut wie Google Maps. Teilweise ist das nur Gewöhnung, teilweise tatsächlich der Anwendbarkeit geschuldet.

Here Maps: Mächtig, aber träge

Here Maps begleitet mich schon seit einigen Jahren. Es war die Standard-Lösung für Kartenmaterial auf alten Nokia-Smartphones. Mittlerweile haben die drei deutschen Automobilhersteller Audi, BMW und Daimler Here Maps übernommen. Der Dienst ist weiterhin kostenlos, aber wer die deutschen Pappenheimer kennt, der würde sich nicht wundern, wenn das Tool irgendwann kostenpflichtig würde oder zumindest der Nutzung für Navidienste der drei Autobauer vorbehalten bliebe.

Here Maps findet den Kölner Dom und liefert noch einige Extra-Informationen.

„Here“ firmiert mittlerweile online oder als App für iOS und Android unter dem hipperen Namen „HERE WeGo“. Die Suche erinnert an Google Maps. Neben den passenden Orten kennt Here auch zahlreiche Lokalitäten und ist hier auf einem sehr aktuellen Stand. Here wirbt auch mit seiner Offline-Funktionalität und mit einem integrierten Navi sowieso (lange bevor Google Maps so etwas hatte). Plant man etwa, im Spanienurlaub per Mietwagen unterwegs zu sein, kann man sich zuhause schon das passende Kartenmaterial herunterladen. Am Urlaubsort angekommen, kann man dann das mit Here ausgerüstete Smartphone als Navi benutzen.

Theoretisch zumindest, denn nicht nur einmal ließen mich Here-Offlinekarten am Urlaubsort schmerzlich im Stich. Die App verlangte dann, dass ich online gehe, obwohl ich die Karten doch heruntergeladen hatte. Einmal als ich in Island im Urlaub war, verortete mich die App im Kongo und war nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Aber gut, das ist Jahre her. Heute allerdings zum Zeitpunkt meines Tests begrüßte mich die frisch neu installierte Here-Android-App erst einmal mit einem eingefrorenen Bildschirm:

Here Maps: Begrüßte mich gleich zum Start mit einem eingefrorenen Bildschirm.

Ein Neustart des Telefons war notwendig. Danach hing die App mehrere Male bedenklich. Ich musste sie einmal neu starten, nur um ein gewünschtes Ziel anzugeben. Okay, mein Telefon ist nicht das stärkste unter den Gewichthebern. Aber dass eine Standard-App darauf ohne Abstürze funktioniert, würde ich trotzdem erwarten. Und das ist das Hauptproblem, das ich mit Here habe: Ich mag die App und all ihre Funktionalitäten. Aber sie hat mich schon mehrmals im Stich gelassen. Sie kann für mich also kein alleiniger Ersatz für Google Maps sein. Eine Backup-Lösung muss her.

Open Street Map: Gewöhnungsbedürftig und umfangreich

Und da liegt eigentlich nichts näher als Open Street Map (OSM). Das 2004 gestartete Open-Source-Projekt hat das Ziel, eine freie Weltkarte zu schaffen. Nicht nur kostenlos (wie Google Maps oder Here), sondern auch lizenzfrei, also so, dass jeder Nutzer Karten kopieren oder weitergeben darf. OSM gibt nicht nur eine Karte heraus, sondern auch die Geodaten. Das heißt: Andere Dienste dürfen sie nutzen und eigene Ansichten daraus erstellen.

Besonders für mobile Geräte wird diese Möglichkeit rege genutzt. Eine offizielle App für Open Street Map gibt es für Android nicht. Aber der Anbieter Maps.me greift für seine Funktionen auf den OSM-Datenbestand zurück. Die App bietet Auto-, Fahrrad-, ÖPNV- oder Fußgängernavigation, auch offline. Und zeigt sich sehr anwenderfreundlich – allerdings auch etwas langsam. Als ich kürzlich ein Stück von Köln nach Bonn wandern wollte und Maps.me nach dem Weg fragte, brauchte die App eine geschlagene Minute, um die Strecke auszurechnen. Google Maps schafft das in wenigen Sekunden und selbst Here ist da deutlich schneller. Das Kartenmaterial von Maps.me war dann allerdings hervorragend.

Die App Maps.me greift für Navigationsdienste auf die Open Street Map-Karten zurück. Eine Strecke zu berechnen, kann aber schonmal eine Weile dauern.

An die Website von Open Street Map müssen sich Google-Maps-erprobte Nutzer erst einmal gewöhnen. Der Dienst blendet standardmäßig eine Straßenkarte im „deutschen Stil“ ein. Diese lässt sich umstellen auf OSM-Standard, eine Rad- oder ÖPNV-Karte. Bei der Routenplanung fragt OSM, ob man diese lieber mit Mapquest, OpenRouteService oder OSRM durchführen möchte. Für einen neuen Nutzer ist das verwirrend. Woher soll man denn wissen, was was ist? Klare Antwort: Einfach mal ausprobieren!

Open Street Map ist auf den ersten Blick nicht so einfach zu bedienen wie Google Maps, ist aber ein mächtiges Tool, dem ich nur das Beste wünsche und dem ich ein wenig Trägheit gerne verzeihe.

Open Street Map: Umfangreiches, etwas komplexeres Tool als Google Maps

Als ich kürzlich irgendwo im Netz eine Reisegeschichte über Südamerika las und der Autor erklärte, wie er von A nach B kam, wollte ich die benannten Orte online nachschlagen. Here Maps versagte, Open Street Map auch, Google Maps schließlich fand den Ort.

Ich mache mir nichts vor: Auch Google Maps ist lange nicht perfekt, aber schneller als die anderen, der Suchalgorithmus ist besser und auch die Benutzerführung durchdacht. Wenn ich auf andere Dienste wechsle, dann kommt das mit Qualitätseinbußen daher, mindestens aber mit Geschwindigkeitseinbußen.

Google Maps ist der Standard und das ist ein Problem

Und noch ein weiteres Problem tut sich auf: Nicht gerade wenige Geschäfte haben auf ihrer Website eine Wegbeschreibung mit Google Maps hinterlegt. Einmal drücken und sofort den Standort auf Google Maps anzeigen lassen. Noch zweimal klicken und ich weiß, wie ich dort hinkomme. Um Google Maps zu umgehen, müsste ich die Adresse erst kopieren, in der neuen App einfügen und dann eine Weile warten. Klar geht das irgendwie. Aber es ist nicht der gleiche Komfort.

Und auch folgende Kritik vernehme ich schon: Von Google auf Here Maps zu wechseln, ist nur der Sprung von einem Konzern zum nächsten. Nicht wirklich ein Gewinn. Das weiß ich auch. Aber ich denke mir: Wenigstens weg von einer Datenkrake, die alles über mich weiß. Splitten wir das lieber etwas auf und machen den Datensammlern so das Leben etwas schwerer. Kann natürlich höchstens der zweitbeste Weg sein, klar. Open Street Map wäre als Dienst zu bevorzugen.

So oder so: Ich werde es versuchen mit den Google-Maps-Alternativen Here und OSM. Auf Wiedersehen, Google Maps! War schön mit dir, aber jetzt sind andere dran!

Weitere Beiträge zur Serie „Goodbye Google“:

Die Serie wird in unregelmäßigen Abständen hier im Trendblog fortgesetzt.

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