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Schwarz-Weiß-Fotos mit einer alten Kamera machen: So geht’s

Taugen Schwarz-Weiß-Fotos aus einer alten Analogkamera als Urlaubsfotos? Frank Müller berichtet von seinen Erfahrungen mit einer alten Kodak Retina IIc.

Warum überhaupt analoge Fotos machen?

Analoge Schwarz-Weiß-Fotos fand ich schon immer faszinierend, besonders bei Porträts. Die Nachteile sind klar: Analoge Fotos kosten Geld. Man zahlt für den Film, die Entwicklung, jeden Abzug – auch wenn er nicht gefällt. Man sieht das Bild erst Wochen später.

Aber gerade die Beschränkungen machen das analoge Fotografieren auch wieder reizvoll: Jedes Bild ist etwas Besonderes, ist unwiederholbar und einzigartig. Jedes Bild ist eine Überraschung. Schon beim Fotografieren denkt man über das Bild nach. An Zeit, Blende und Entfernung. An den richtigen Bildausschnitt. Man fotografiert viel bewusster.

Und schon bei der Wahl des Films muss man sich entscheiden, ob man in Farbe oder Schwarz-Weiß fotografieren will. Ich habe Schwarz-Weiß-Fotos gewählt, weil das gefühlt noch ein Stück analoger ist.

Welche Kamera für Schwarz-Weiß-Fotos?

Im Prinzip kann man natürlich jede Kamera nehmen, die man noch im Regal hat oder in einer Kramkiste bei den Eltern entdeckt. Bei mir war nicht die ältere Generation Inspiration, sondern die jüngere. Meine Tochter fotografiert gerne mit meinen alten analogen Kameras, dadurch bin ich auch wieder auf die Idee gekommen.

Da meine alten Kameras schon in Gebrauch waren, habe ich mich auf eBay Kleinanzeigen umgesehen. Es sollte eine Kamera werden, die ein gutes Objektiv hat, sich gut transportieren lässt und nicht zu teuer ist.

Meine Wahl: eine Kamera, die älter ist als ich selbst.

Schließlich hatte ich Glück und konnte eine Kodak Retina IIc (1954-1957) mit passender Fototasche für 30 € inklusive Versand erstehen. Eine schwere, solide Messucherkamera mit einklappbarem Schneider-Kreuznach-Objektiv, relativ kompakt. Sie funktioniert rein mechanisch. Man braucht also keine Batterien, was sehr praktisch ist. Denn die späteren alten Kameras verwendeten gerne Quecksilberbatterien, die heute der Umwelt wegen nicht mehr produziert werden. Allerdings hat sie auch keinen Belichtungsmesser.

Das Problem mit der Belichtungsmessung

Das ist fast immer so bei den Kameras aus den Fünfziger- bis Siebzigerjahren. Sie besitzen entweder keinen Belichtungsmesser, oder einen, der nicht mehr korrekt funktioniert. Bei den Selenbelichtungsmessern ohne Batterie hat sich inzwischen die Selenzelle zersetzt, Cadmiumsulfid-(CdS)-Belichtungsmesser benötigen meist eine Quecksilberbatterie, die nicht mehr hergestellt wird. Dann schon besser eine Kamera ohne Belichtungsmesser.

Das iPhone als Belichtungsmesser

Aber zum Glück gibt es ja für alles eine App. Ich habe „myLightMeter PRO“ im App Store heruntergeladen und verwende die App als Belichtungsmesser auf dem Apple iPhone. Und zwar im klassischen Modus, bei dem das Bild eines alten Belichtungsmessers auf dem Display angezeigt wird. Die App gibt neben der passenen Kombination aus Zeit und Blende auch den Lichtwert aus, den ich auch bei der Kodak Retina IIc einstellen muss. Den stelle ich am Objektiv ein und kann dann aus einer Reihe von Zeit/Blendenkombinationen wählen.

Entfernungseinstellung mit der alten Analogkamera

Bei der Kodak Retina IIc stellt man scharf, indem man zwei Schnittbilder in einer kleinen Raute im Sucher zur Deckung bringt, typische für eine Messsucherkamera. Das ist manchmal etwas fummelig. Aber wenn man einen Film mit 400 ISO Empfindlichkeit wählt, reicht es meist, die Entfernung ungefähr einzustellen und aus der Hüfte zu schießen. Bei einem Lichtwert von 14 ist dann schon bei Blende 11 alles zwischen 2 und 10 Metern scharf. Im englischsprachigen Retina IIc Instruction Manual kann man das alles noch einmal nachlesen.

Welcher Film für Schwarzweißfotos?

Im Juni habe ich bereits einen Versuch mit einem Ilford XP2 gemacht. Das ist ein hochempfindlicher Schwarz-Weiß-Negativfilm mit einer Nennempfindlichkeit von 400 ISO, der im C41-Verfahren entwickelt wird. Man kann ihn also ganz einfch in jedem Minilab abgeben und zahlt nicht viel für die Entwicklung. Eine CD mit Scans kann man gleich mitbestellen. Dafür haben die Fotos in der Regel einen leichten Farbstich.

Im letzten Urlaub habe ich dann einen „echten“ Schwarz-Weiß-Film genommen, den Ilford Delta 400. Den kann man zwar auch z.B. bei dm abgeben, von dort wird er allerdings anscheinend noch in ein Schwarz-Weiß-Labor geschickt. Nach 7 Werktagen gab es dann die Negative und Abzüge, aber nicht die bestellte CD mit Scans der Fotos. Statt jetzt die Negative noch einmal einzuschicken, habe ich sie mit Foto Scanner Pro gescannt. Diese App ist speziell dafür gedacht, Fotos zu digitalisieren. Wie das Ergebnis aussieht, könnt ihr hier selbst begutachten.

Die Schwarzweißfotos

Schwarz-Weiß-Fotos mit dem Ilford 400 XP2

Der Farbstich ist hier gut zu erkennen. Diese Fotos wurden im Labor gescannt.

Schwarz-Weiß-Fotos mit dem Ilford Delta 400


Man merkt den Beispielen an, dass hier Fotos abfotografiert wurden. Will man schärfere Digitalfotos, lässt man seine Negative im Labor scannen oder schafft sich selbst einen Scanner an wie z.B. den Rollei PDF-S 240 Photo-Dia-Film-Scanner.

Das Fazit

Es hat Spaß gemacht, mal wieder analog zu fotografieren. Und die fertigen Fotos unterscheiden sich zumindest gefühlt deutlich von digital geschossenen. Das Gewicht der Kamera erinnert einen daran, dass man ja Fotos machen wollte, der Blick ändert sich, man sucht unbewusst nach Motiven. Man fotografiert, wie schon oben geschrieben, einfach bewusster. Und man hat gut anderthalb Wochen Zeit, sich auf die Fotos zu freuen, nachdem man sie abgegeben hat. Für den Alltag und als Immer-dabei-Kamera würde ich aber wie mein Kollege Jürgen Vielmeier ein iPhone SE als Kamera immer vorziehen. Die 850g der Kodak Retina IIc machen sich beim Rumtragen auf Dauer doch bemerkbar.

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