Nokia will die Nummer 3 unter den Smartphone-Herstellern werden: Wie realistisch ist das?

Nokia war schon mehrmals klinisch tot und kam dann wieder. Auch diesmal? HMD-Global-Chef Florian Seiche will binnen fünf Jahren mit der Marke wieder unter die Top 3 der Smartphone-Hersteller. Wir glauben: das wird nichts.

Nokia will die Nummer 3 unter den Smartphone-Herstellern werden: Wie realistisch ist das?
Mit Splitscreen-Modus. (Foto: Nokia / HMD Global)

Klar, ein paar optimistische Ziele zu haben, kann einem im Leben weiterbringen – auch wenn zuletzt ein kleiner Hype um so genannte Anti-Ziele entstanden ist. Nokia soll binnen fünf Jahren wieder zu den Top 3 der Smartphone-Hersteller zählen. Das ist zumindest das Ziel, das HMD-Global-Chef Florian Seiche gegenüber der „Welt am Sonntag“ ausgab. Erfüllen wird sich das nicht.

Der einstige Marktführer Nokia hat jetzt knapp zehn schlechte Jahre hinter sich. Der Marktanteil geht gegen null. Auf Apples iPhone hatte der Traditionshersteller lange keine passende Antwort auf Lager; Windows Phone war dann wenige Jahre später die falsche. Das Unternehmen wurde filetiert, ist heute zweigeteilt: Das eigentliche Nokia arbeitet an Software, Netzwerkausrüstung, hin und wieder Tablets und jüngst auch Wearables und Gesundheitsprodukten. Das andere Nokia, dessen Markenrechte heute der neuen Firma HMD Global gehören, baut wieder Mobiltelefone und Smartphones.

Wer heißt jetzt alles Nokia?

Alleine dieses Konstrukt gibt möglichen Kunden Rätsel auf. Wer ist da jetzt eigentlich wer und von wem kaufe ich da was? Und Seiche irrt, wenn er denkt, dass dem Verbraucher das egal ist, er nichts davon mitbekommen hat oder er eben zu dem greift, wo „Nokia“ draufsteht, weil er da immer schon getan hat. So unkritisch ist heute kein Kunde mehr. Und dass das nicht so einfach funktioniert, zeigt auch, dass sich selbst die Neuauflage des Nostalgie-Telefons 3310 nicht wie geschnitten Brot verkauft. Ich lag da vor ein paar Monaten mit meiner Prognose meilenweit daneben.

Also die Idee, die Seiche gegenüber der „Welt am Sonntag“ äußert, dass Kunden, die heute zu einem einfachen Feature Phone von Nokia greifen würden, dies auf lange Sicht zu einem Smartphone eintauschten, ist grundfalsch. Das sind mittlerweile zwei völlig verschiedene Märkte. Dass HMD Global wieder Feature Phones anbietet, ist legitim und zu dem Preis durchaus attraktiv. Geht es aber um einen Smartphone-Kauf spielen ganz andere Faktoren und Hersteller eine Rolle.

Ja, HMD Global feierte in diesem Jahr ein ordentliches Comeback mit neuen Nokia-Smartphones wie dem Nokia 5, dem Nokia 6 und jüngst dem Nokia 8. Kollege Sven Wernicke lobte etwa den Kampfpreis des Nokia 8, sah aber kaum Alleinstellungsmerkmale gegenüber anderen Herstellern. Auch die neuen Nokia-Smartphones werden in China bei Foxconn produziert. Dort findet man sich in bester Gesellschaft. Ja, man könnte bedenkenlos zu einem Nokia 8 greifen. Aber genauso gut auch zu einem OnePlus 5, HTC U11, ZTE Axon 7 (das Axon 8 ist auf dem Weg) oder Huawei P10. Die Hersteller liefern fast durchweg gute Geräte und es wird immer schwerer, sich zu differenzieren.

Nokia in 5 Jahren: Kein Top-Player aber ein Mitspieler

Wollte HMD Global sich mit der Marke Nokia wieder unter die Top 3 zurückkämpfen, wo sich gerade Apple, Samsung und Huawei befinden, dann ginge das nur noch über zwei Dinge. 1. Ausgesprochen herausstechende Eigenschaften – aber wo sollten die herkommen? Oder, 2. Kampfpreise verbunden mit aggressivem Marketing. Aber dann wäre die Rückkehr in die Top 3 mit sehr niedrigen Margen erkauft.

Ich glaube eher, Nokia wird im Smartphone-Geschäft eine der Nischenmarken bleiben. Aber man wird ein Wörtchen mitreden. Und das ist schon weit mehr, als vor zwei, drei Jahren manch einer zu träumen wagte.

Neue Beiträge abonnieren!

Täglich frisch um 17 Uhr im Postfach

Themenauswahl

Änderungen jederzeit über die Abo-Verwaltung möglich – weitere Themen verfügbar

Jetzt kommentieren!

Schreibe einen Kommentar

*
*
Bitte nimm Kenntnis von unseren Datenschutzhinweisen.