In puncto Internetsurfen ist die Sache seit Jahren fest zementiert: Den Markt – zu denen auch mobile Browser zählen – dominiert Google Chrome, mit weitem Abstand folgt Safari. Und schon Firefox wie Microsoft Edge teilen sich die paar Brotkrumen, die den beiden anderen Schwergewichten vom Teller fallen.

Bedenklich ist nicht nur die eigentliche Dominanz von Chrome und Safari. Schon lange ist die Marktmacht einiger weniger Player aus den USA und unsere faktische Abhängigkeit von diesen vielen ein Grund zum Umdenken. Zumal auch einige politische Entwicklungen Sorgen bereiten. Grund genug für uns, einmal zu schauen, ob es für einige Dienste nicht auch Dienste außerhalb der USA gibt, die als Alternative herhalten könnten – und vielleicht sogar besser sind.
Der Browser Vivaldi aus Norwegen hat das Potential dazu.
Inhalt:
- Sinnvolle Funktionen statt Feature-Hype
- Eine Vielzahl von Einstellungen
- Die Einrichtung
- Wie schlägt sich Vivaldi im digitalen Alltag?
- Vivaldi auf dem Mobilgerät: ausbaufähig
- Datenschutz und Finanzierung
- Fazit: Auf dem PC ein Kracher, auf dem Smartphone „nur“ Standard
Sinnvolle Funktionen statt Feature-Hype
Sinnvoll – das betrifft vor allem das Tracking und die Auswertung von personenbezogenen Daten. Mit einer Datensammelwut sondergleichen schafft es etwa Google seinen Chrome-Browser zu justieren, dass er dir passende Werbung anzeigt und blitzschnell auf Präferenzänderungen reagiert. Klar, ist Chrome praktisch und bequem und sein Unterbau Chromium faktisch der Goldstandard, auf den auch andere Browser zugreifen.
Aber dass die Daten abwandern, stimmt bedenklich. Denn was dann mit ihnen passiert, weißt du nicht. Selbiges gilt – trotz weniger heftiger Sammelwut – auch für Apple Safari oder Microsoft Edge.
Alternative Legislatur kommt aus Europa, das dank strenger Datenschutzregeln für Privatsphäre-Bewusste ein sicherer Hafen sein sollte. Doch wer macht sich schon die Mühe oder hat das Geld, Alternativen zu bauen? Eben.

Deshalb lohnt sich ein Blick auf den Browser Vivaldi. Hinter diesem Namen steht ein multinationales Team mit Sitz in Europa, das den Chromium-Unterbau für moderne Browser um die Datensammelei erleichtert und statt fetziger Buzzwords wie „KI“ auf wirklich sinnvolle Werkzeuge setzt.
Der Browser verspricht also nicht das Blaue vom Himmel (Gruß geht raus an Arc), er wirbt stattdessen mit drögen Buzzwords: Privatsphäre (verspricht jeder), VPN (okay, da war was) und Email-Client (gibt es dazu nicht Thunderbird oder Outlook?).
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Eine Vielzahl von Einstellungen
Vivaldi setzt einen gewissen Einarbeitungswillen seiner User voraus. Wenn du also Vivaldi installierst, solltest du dir einige Minuten Zeit nehmen, um den Browser auf deine Bedürfnisse hin anzupassen.
Im Einstellungsmenü, das du über das Vivaldi-Logo in der oberen Appleiste erreichst, bietet dir neben dem optischen Erscheinungsbild auch Optionen für die Maussteuerung, das (optionale) Werbetracking und dergleichen. Viel zu viele Funktionen, um sie hier alle en detail aufzulisten.
Deshalb: Zeit nehmen und es als die einzige Hürde sehen, die zwischen dir und der Freiheit von der Datensammelei anderer Browser steht.

Die Einrichtung
Wie erwähnt verlangt Vivaldi dir einige Minuten deiner Lebenszeit ab, um den Browser vollständig auf deine Bedürfnisse hin einzurichten. Für einen Browser, der Privatsphäre großschreibt, ist die Einrichtung eines Vivaldi-Kontos vielleicht ein Widerspruch.
Die Macher nutzen den optionalen Account jedoch, um nützliche Services bereitzustellen. Die allermeisten können auf Foren, Communities und ein eigenes soziales Netzwerk verzichten. Mit VPN (von Proton) ist dir aber anonymes Surfen sicher und die Synchronisation der Browserdaten zwischen verschiedenen Endgeräten auch sehr praktisch.

Es erschließt sich eher, dass du den Vivaldi-Browser vor dem ersten Start mit deinen Lesezeichen, dem Verlauf und Passwörtern füttern kannst. Schließlich ist für die allermeisten Nutzer die Hemmschwelle die, alle relevanten Daten der vergangenen Jahre in den neuen Browser umzuziehen – das erledigt Vivaldi aber nahezu selbständig.

Vivaldi integriert zudem Tracker und Werbeblocker, um personalisierte Werbung abzuschalten. Dem stehe ich zwiegespalten gegenüber. Ich weiß, dass sich viele Online-Seiten ohne personalisierte Werbeeinblendungen nicht über Wasser halten könnten. Andererseits brauche ich aber auch nicht drei Monate am Stück Mac-Annoncen, weil Chrome registrierte, dass ich für den Trendblog einen Mac-mini-Test schrieb.
Zum Abschluss gibt mir Vivaldi noch die Chance, den integrierten E-Mail-Client zu aktivieren – etwas, das ich zumindest für die weniger wichtigen Konten gerne in Anspruch nehme.
Wie schlägt sich Vivaldi im digitalen Alltag?
Ist die Einrichtungshürde erst einmal genommen, brilliert Vivaldi als flotter, sparsamer und intuitiv benutzbarer Browser. Die Gestensteuerung geht schnell in Fleisch und Blut über und die Zusatzfunktionen sind wirklich praktisch.
Ich beispielsweise feiere die direkte Einbindung von Mastodon oder der Wikipedia, die mit einem Klick als Seitentab helfen, schneller zu Themen zu recherchieren oder mich mit anderen Usern zu vernetzen.
Diese Webpaneele kannst du übrigens für jede Seite einrichten. Ein Klicks aufs Plus in der Seitenleiste, flugs die URL eingeben – fertig.

Nach intensiver Nutzung merkte ich außerdem, dass Vivaldi mit den Ressourcen meines Windows-Rechners erheblich sparsamer umgeht als Google Chrome. Während der Platzhirsch unter den Browsern sich mal eben einige Gigabytes an Arbeitsspeicher abknappst, gibt sich Vivaldi mit ein paar hundert MB zufrieden.

Vivaldi auf dem Mobilgerät: ausbaufähig
Selbstredend habe ich Vivaldi auch testweise auf meinem Smartphone installiert. Dort kann mich der Browser jedoch nicht so sehr begeistern. Es gibt das vom Desktop bekannte Dashboard als Startseite, Datenschutz schreibt auch diese Variante groß und Gestensteuerung ist ebenfalls implementiert. Aber es fehlt hier das gewisse Etwas, das auf dem Desktop für Begeisterung sorgt.



Vielleicht dies: der kleine Unterschied zwischen „ich will nur surfen“ und „ich will damit arbeiten“. Das Smartphone (und auch das Tablet) kommt vor allem für den schnellen Blick auf News und Messenger-Nachrichten zum Zug. Wie Vivaldi hier seine Desktop-Vorteile ausspielen möchte? Ich wüsste es nicht.
Dennoch: aus Datenschutzgründen ist der Download eine Empfehlung wert. Du findest Vivaldi für Android-Geräte im Play Store und für Apple-Devices im App Store. Der Download und die Nutzung sind kostenlos.
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Datenschutz und Finanzierung
In all der Zeit, die ich Vivaldi auf dem PC nutzte, gab es keine Inkompatibilitäten, keine Abstürze, keine unangenehmen Überraschungen. Stattdessen viel Datenschutz. Vivaldi blockt standardmäßig Werbetracker, verhindert die Übermittlung allzu vieler Daten an sammelwütige Services und löscht standardmäßig Browserdateien nach drei Monaten.
Und womit verdient Vivaldi dann Geld, wenn es keine Daten sammelt und verkauft? Mit Klicks auf Suchmaschinen wie DuckDuckGo oder play.google-Seiten – alles rein optional. Aber für mich das bessere, weil transparentere Geschäftsmodell. Will ich, dass die Stiftung hinter Vivaldi ein paar Cents bekommt, surfe ich gezielt eine der kooperierenden Suchmaschinen an.
Hinter Vivaldi steht übrigens der Mitgründer und langjährige Chef des Opera-Browsers, Jon Stephenson von Tetzchner. Die schillernde Figur der Techwelt machte den Opera-Browser von Oslo aus immer wieder mit interessanten PR-Stunts bekannt. 2010 gab er deren Leitung ab und verließ 2011 den Vorstand im Streit, weil die neue Konzernleitung seiner Meinung nach die Quartalsergebnisse wichtiger geworden waren als die technische Weiterentwicklung. Tetzchner kündigte 2013 an, deswegen einen neuen Browser bauen zu wollen. Daraus entstand das Vivaldi-Projekt, das bereits 2015 eine lauffähige Version auf den Markt brachte.
Auch der Opera-Browser existiert heute noch, gehört aber inzwischen einem chinesischen Konglomerat.
Fazit: Auf dem PC ein Kracher, auf dem Smartphone „nur“ Standard
Der Wechsel zu Vivaldi? Er mag auf dem PC etwas mühsam sein. Lohnt sich aber!
Der Browser ist ressourcenschonend, bietet eine intuitive Gestensteuerung, sinnvolle Produktivitätsfeatures und schmeißt die Datensammelwut der großen Browser einfach über Bord.
Vivaldi auf dem Desktop ist daher eine ganz klare Installationsempfehlung, die nichts außer etwas Überwindung kostet, mal etwas Neues auszuprobieren.
Auf Smartphone und Tablet ist Vivaldi „nur“ gehobener Standard. Der Browser bietet hier keine echten Alleinstellungsmerkmale. Mit Ausnahme des Datenschutzes, den so konsequent kein anderer Browser denkt und umsetzt.
Übrigens: Auf Android-Telefonen sind neben den Browsern die Google-Systemprogramme besonders an deinen Daten interessiert.
Um sich auch hier vom Tracking zu lösen, kannst du beispielsweise ein Fairphone 5 kaufen und das vorinstallierte Android gegen e/OS – also Android ohne Google-Unterbau – ersetzen. Das Fairphone 5 findest du natürlich im EURONICS-Onlineshop.
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