Microsoft bringt dem Erzrivalen Apple in einem neuen Werbespot ein Weihnachtsständchen: „Let there be peace on Earth“. Ohne Ironie. Unserem Redakteur Jürgen Vielmeier stellten sich dabei die Nackenhaare auf: Einen solchen falschen Frieden braucht niemand!
Ein Jahr voller Hass und Terror geht zu Ende. Doch mit dem Jahr, das ahnt man angesichts der Anschläge von Paris, dem Säbelwetzen in und um Syrien und der mit Härte geführten Flüchtlingsdebatte, werden Hass und Terror noch lange nicht zu Ende sein. Es ist also beileibe nicht so, dass wir dieser Tage nicht etwas mehr Harmonie, Frieden und Verständnis füreinander aufbringen könnten. Was da aber überhaupt nicht ins Bild passt, ist ein falscher Frieden um des eigenen Geschäfts Willens. Wie jetzt in diesem Werbespot von Microsoft:
https://www.youtube.com/watch?v=TMATD2qk564
Mitarbeiter eines Microsoft-Stores (ja, so etwas gibt es) wandern zu einem Apple Store und singen den Kollegen dort ein Ständchen: „Let there be Peace on Earth and let it begin with me“.
Rivalen? Was für Rivalen?
Eine nette Geste? Einschlägige Blogs dürften feiern: Microsoft macht immer mehr auf gut Freund mit alten Rivalen. Ein Zeichen der Entspannung? Macht der Konzern aber schon seit Jahren, etwa mit Linux. Und ein Rivale? Microsoft? Wo? Auf dem seit Jahren strauchelnden PC-Markt macht Microsoft mit dem kostenlos verteilten Update auf Windows 10 keine besonders große Marge. Apple geht es in der kleinen Nische der Macs ziemlich gut, da man dort lukrative eigene Hardware verkauft. Ähnlich im mobilen Markt, wo Microsoft keine 2 Prozent Marktanteil mehr schafft. Google und Apple duellieren sich auf den ersten Blick. Geld verdient mit Smartphones aber eigentlich nur Apple.
Jetzt also in diesem Werbespot auf gut Freund zu machen, wirkt da eher wie ein verzweifelter Erinnerungsruf von Microsoft: Hallo, wir sind auch noch da! Vergesst uns bitte nicht!
Und mal ganz nüchtern betrachtet: In wiefern profitiert die Welt davon, wenn Microsoft und Apple auf Kuschelkurs gehen? Entsteht dadurch in irgendeiner Weise mehr Gerechtigkeit und Fairness auf der Welt? Eher im Gegenteil. Die Reichen dieser Welt kaufen teure iPhones und Lumias, die Armen müssen sie in 12-Stunden-Schichten mühsam herstellen.
Zuckerberg spendet nicht, er investiert
Die Marketingmaschinerie hat uns in den vergangenen Jahren das Blaue vom Himmel versprochen: dass wir mit Smartphones, Tablets und dem Social Web die Welt verbessern könnten. Die Realität sieht anders aus: Mehr Hass als in diesem Jahr trat in den sozialen Netzwerken selten zu Tage. Und Smartphones und Tablets? Haben unser Leben und die Welt ein ganzes Stück bequemer gemacht. Aber besser? Manchmal hat man eher den Eindruck, das gierige Rennen um Rohstoffe für wieder neue Smartphones, die man nicht zwingend braucht, würde die Welt ein ganzes Stückchen schlechter machen.
Selbst ein Mark Zuckerberg ist in dieser Woche – offenbar im Oxytocinrausch seiner ersten Vaterschaft – zum vermeintlichen Philanthropen aufgestiegen. 99 Prozent ihrer Aktienanteile (derzeit 45 Milliarden US-Dollar) wollen er und seine Frau Priscilla Chan wohltätigen Zwecken spenden – oder sagen wir eher: investieren. In solche, die das Netz und Communities zu noch mehr Menschen auf der Welt brächten. An denen ein Mark Zuckerberg dann kräftig mitverdienen würde. Sehr großzügig, durchaus! Aber ganz sicher nicht selbstlos.
Die Welt ist derzeit nun einmal so, wie sie ist. Dominiert von Konzernen und rar an echten Altruisten. Uns geht es nicht so schlecht dabei, das will ich gar nicht sagen. Aber wenn ein milliardenschwerer Techgigant, der unseren Alltag mitbestimmt wie kaum ein anderer, sich mit einem anderen Techgigant versöhnt, der genau das gleiche tut. Dann ist das für uns noch lange kein Grund zum Feiern. Denn davon profitiert keiner von uns, es dient nur der Aufmerksamkeit für ebenjene Giganten. Und man ist fast geneigt zu sagen: Etwas mehr Rivalität täte den Großkonzernen gut.
Bild: Microsoft, via Winfuture.de
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