Jetzt wird es gruselig: Eterni.mi bastelt ein künstliches „Ich“ aus Daten von Verstorbenen

Jetzt wird es gruselig: Eterni.mi bastelt ein künstliches „Ich“ aus Daten von Verstorbenen

Das Thema „Tod“ ist auch in unserer aufgeklärten und wissenschaftlich geprägten Kultur und Welt ein heißes Eisen. Man redet zu selten darüber und häufig sind Gespräche über den Tod angespannt. Man möchte das Thema meiden. Neue technische Entwicklungen machen aber auch vor dem Tod nicht Halt. Die Ergebnisse sind mitunter aber gruselig.

Die Firma Eterni.mi möchte den Menschen unsterblich machen. Damit werden wir aber nicht älter als jetzt auch, denn die Firma möchte unsere Erinnerungen und Gedanken speichern. Daraus soll eine Web-Applikation erstellt werden, die mit den Nachkommen des Verstorbenen nach seinem Tod kommunizieren soll.

Eterni.mi beschreibt es auf der eigenen Webseite in etwa so:

Eterni.me sammelt fast alles, das du in deiner Lebenszeit erschaffen hast und verarbeitet diese große Menge an Daten zu einer komplexen künstlichen Intelligenz.

Danach erstellt es ein virtuelles „Du“, einen Avatar, der deine Persönlichkeit widerspiegelt und mit dem man interagieren kann. Freunde und Familie können nach deinem Tod Erinnerungen mit dir teilen und sich von dir Ratschläge geben lassen.

Um ein möglichst genaues Abbild der Worte und Gedanken des Verstorbenen zu bekommen, muss man den Dienst mit möglichst vielen Daten füttern. Das können persönliche Briefe, Emails und Chatverläufe sein. Sie sollen viel über die Persönlichkeit und das Verhältnis der Personen, die mit ihrem Verstorbenen Freund oder Verwandten reden wollen, aussagen.

Datensammler am Werk

Bei mir schrillen hier gleich mehrere Alarmglocken. Ich finde es im Prinzip nicht schlecht, sich Gedanken darüber zu machen, wie man die Hinterbliebenen eines Verstorbenen trösten kann. Der Tod eines geliebten Menschen ist ein einschneidendes Erlebnis und jeder Weg dies verkraften zu können, sollte immer in Betracht gezogen werden, aber ich hinterfrage die Absichten des Unternehmens.

Wer sich im Internet präsentiert und austauscht, der überlegt genau, welche Seite er von sich zeigt. Die privatesten Gedanken, Wünsche und Ängste landen meist nicht im Netz. Ob die KI (Künstliche Intelligenz), die dort mit Daten gefüttert wird also dem Verstorbenen ähnlich sein kann, halte ich für fraglich.

Schlecht für die Trauerbewältigung

Ich persönlich halte das künstliche „am Leben halten“ einer Person – und wenn es auch nur als KI ist – für kontraproduktiv bei der Trauerbewältigung. Zu akzeptieren, dass die verstorbene Person tot ist, gehört zur Trauerbewältigung dazu. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich einige Menschen im Schock über den Verlust eines Nahestehenden, in diesen Dienst hineinsteigern könnten.

Und ich muss gleichzeitig auch den Zeigefinger heben, wenn es um das Thema Datenschutz geht. Es geht zwar hierbei um eine Person, die nicht mehr lebt, aber die Emails, Chatverläufe und Briefe geben auch Auskunft über andere, noch lebende Personen. Hier werden höchst sensible und private Daten, vielleicht auch sogar Geheimnisse zwischen Personen gespeichert. Wie ihre spätere Verwendung aussieht? Man sollte in dieser Hinsicht niemandem trauen.

Eterni.mi steht „Google kauf mich“ auf die Stirn geschrieben

Auf meiner fiktiven Liste der Start-Ups, die irgendwann einmal von Facebook oder Google gekauft werden, steht Eterni.mi in jedem Fall ganz oben. Spätestens dann, wenn genug Daten zusammengekommen sind.

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4 Kommentare zu “Jetzt wird es gruselig: Eterni.mi bastelt ein künstliches „Ich“ aus Daten von Verstorbenen

  1. Halte ich aus Datenschutzgründen für höchst fragwürdig. Und ob es bei der Trauerbewältigung hilft, wage ich auch zu bezweifeln.

    Trotzdem interessant, auf was für Ideen Start-Ups immer wieder kommen.

  2. William Gibson hat das 1988 in „Mona Lisa Overdrive“ beschrieben. Kleine Würfel mit künstlicher Intelligenz und den gespeicherten Reaktionen verstorbener Verwandter.
    Möbius sagte in Dürrenmatts „die Physiker“: Alles, was gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.
    So isses wohl.

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