Nahezu alle Smartwatches und Fitnesstracker beherrschen es mittlerweile, ein EKG zu erstellen und so möglicherweise gefährliche Spannungsveränderungen am Herzen bzw. Vorhofflimmern zu erkennen. Die Messung des Blutdrucks an einer Armbanduhr gilt dagegen unverändert als Königsdisziplin. Denn eine solche sollte bestenfalls auf eine Oberarmmanschette verzichten. Doch es gibt sie: Die Smartwatches mit EKG und Blutdruckmesser, die aber bei ernsthaften Problemen keinen Arztbesuch überflüssig machen. Gute und durchaus präzise Hilfsmittel sind sie dennoch.
Inhalt:
- Huawei Watch D
- Samsung Galaxy Watch6 (Classic)
- Kardena Care Air 2
- Preistipp: Samsung Galaxy Watch5
- Hochwertige Smartwatches mit EKG
- Wie funktioniert die Blutdruckmessung an der Smartwatch?
- Wie funktioniert EKG an der Smartwatch?
- Eignet sich eine Smartwatch mit EKG für Menschen mit Herzschrittmacher?
- Fazit: Brauche ich EKG und Blutdruck an der Smartwatch?
Huawei Watch D: Armband als Blutdruckmanschette
Huawei veröffentlichte sie bereits im Spätsommer 2022, doch nach wie vor gilt die Watch D neben der Kardena Care Air 2 als einzige Smartwatch mit integrierter Blutdruckmanschette. In der ersten Uhr ihrer Art ist im Armband eine Hochleistungs-Mikropumpe integriert, die beim Starten des Messvorgangs das Armband aufpumpt.
So erhältst du eine vollwertige Handgelenks-Blutdruckmanschette und damit auch präzise Ergebnisse, die maximal +-3 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule; Einheit zur Messung des Blutdrucks) vom realen Blutdruck abweicht. Als medizinisches Messgerät ist die Uhr ebenfalls zertifiziert – das gilt auch fürs EKG.
Darüber hinaus ist die Huawei Watch D eine „ganz normale“ und vollwertige Smartwatch mit über 70 Workout-Modi, einer angenehm langen Akkulaufzeit und mit zahlreichen Sensoren ausgestattet. Sie besitzt unter anderem einen integrierten Temperatursensor. Insgesamt 8 fotoelektrische Sensoren überwachen auf Wunsch ununterbrochen die Herzfrequenz.
Highlights der Huawei Watch D
Akkulaufzeit | 7 Tage bei typischer Nutzung (6x pro Tag Blutdruckmessung, 5x pro Tag EKG) |
Besonderheiten | Vollwertige Blutdruckmessung EKG-Analyse mit 24/7-Gesundheitsmanagement Blutdruckmessung mit Handgelenksmanschette Wasserdicht nach IP68 Relativ lange Akkulaufzeit |
Kompatibilität | Android 6 oder höher iOS 12 oder höher |
Samsung Galaxy Watch 6 (Classic): Blutdruck erst nach Kalibrierung
Die Blutdruckmessung an einer Samsung Galaxy Watch6 oder Watch6 Classic hat einen Haken: Du benötigst hierfür ein reguläres Blutdruckmessgerät mit Oberarmmanschette. Denn alle 28 Tage musst du deine Smartwatch mit diesem neu kalibrieren, um stets korrekte Daten zu erhalten. Den Rest übernimmt der Photoplethysmogramm (PPG)-Sensor, der in der Uhr verbaut ist.
Wie bei allen Smartwatches mit Blutdruck-Messfunktion zeigt dir die Galaxy Watch6 den systolischen Blutdruck, den diastolischen Blutdruck und den ohnehin obligatorischen Puls (Herzschlag) an. Die größte Stärke der Armbanduhr ist: Sie sieht keineswegs wie ein medizinisches Produkt, sondern wie ein Lifestyle-Gadget aus. Die Smartwatch glänzt in vielen Bereichen, wie der Test der Galaxy Watch6 Classic verdeutlicht.
Ein großer Nachteil: Für Blutdruck-Messung brauchst du ein Samsung-Smartphone. Die dafür nötige App ist für andere Android-basierte Telefone nicht verfügbar.
Highlights der Samsung Galaxy Watch6 (Classic)
Akkulaufzeit | Bis zu 40 Stunden (AoD deaktiviert) |
Besonderheiten | Blutdruckmessung Herzfrequenzmessung Bioelektrische Impedanzanalyse (Körperfettanteil) Hauttemperatur-Messung App-Vielfalt dank WearOS |
Kompatibilität | Android 7 oder höher |
Kardena Care Air 2: Airbag für Blutdruckmessung
Der Hersteller Kardena verlässt sich bei seiner Care Air 2 auf ein sogenanntes Mikroairbag. Das bläst das Armband auf, was die Erfassung des Blutdrucks in den Arterien verbessert.
Besonders stolz ist Kardena auf die Sensoren der Hersteller Osram und Texas Instruments. Beispielsweise nutzt die Uhr zum Messen des Blutdrucks mehrere Lichtwellenlängen. Auch verspricht das Unternehmen eine präzise Feststellung des Blutsauerstoffgehalts, des Puls, der Atem- und der Herzfrequenz. EKG und PPG seien überaus genau.
Interessant an der Kardena Care Air 2 ist ferner die Krankheitsfüherkennung. Herzkrankheiten und Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern, Kammerflattern, Vorhofextrasystole oder Kammerflucht stellt die Uhr fest. Sogar der Harnsäurespiegel und das Blutfett lassen sich analysieren.
Neben Details zu Blutdruck, Körpertemperatur, Herzfrequenzvariabilität (HRV) und Schlafanalyse bietet die Uhr zusätzliche Funktionen für Senioren. Beispielsweise gibt’s eine SOS-Notfallhilfe und eine Online-Pflegefunktion. Durch diese greifen Familienmitglieder und Pfleger:innen auf die Gesundheitsdaten der Träger:innen zu.
Highlights der Kardena Care Air 2
Akkulaufzeit | Bis 7 Tage |
Besonderheiten | Blutdruckmessung mit Mikroairbag Herzfrequenzmessung Senioren- und SOS-Funktionen Krankheitsfrüherkennung dank KI |
Kompatibilität | Android 6 oder höher iOS 9.0 oder höher |
Preistipp: Samsung Galaxy Watch 5
Für Schnäppchenjäger nach wie vor spannend ist die Samsung Galaxy Watch5 aus dem Jahr 2022. Sie ist technisch der aktuellen Galaxy Watch5 sehr ähnlich. Im Bereich der EKG- und Blutdruck-Messfunktionen gibt’s keinerlei Unterschiede. Und dank des Betriebssystems WearOS sowie der vorbildlichen Unterstützung seitens Samsung erhält sie nach wie vor Updates. Sie ist also trotz ihres „Alters“ auch 2024 unverändert eine Empfehlung. Für Outdoor-Fans empfiehlt sich robustere die Galaxy Watch5 Pro.
Die Galaxy Watch5 ist oft im Angebot und bietet einen technisch stimmigen sowie optisch sehr gelungenen Einstieg in den Bereich der Smartwatches. Einen kleinen Nachteil besitzt sie – wie auch die Watch6 – allerdings: Du musst sie alle 28 Tage mit einem Oberarmmanschetten-Blutdruckmessgerät neu kalibrieren.
Hochwertige Smartwatches mit EKG
Wenn du auf Blutdruckmessung bei einer Smartwatch verzichten kannst, aber Puls bzw. Herzfrequenz im Blick behalten möchtest, lässt sich sagen: Fast alle relevanten Uhren verfügen über entsprechende Sensoren.
Anspruchsvolleren Nutzer:innen empfehlen wir unter anderem die Withings ScanWatch 2. Sie besitzt ein medizinisch genaues Elektrokardiogramm und erkennt eine mögliche Herzanomalie. In nur 30 Sekunden präsentiert sie eine Bewertung der Herz-Kreislauf-Gesundheit.
Die durchschnittliche Herzfrequenz, Vorhofflimmern (mittels EKG) und Benachrichtigungen bei zu hohen oder zu niedrigen Herzfrequenzen gehören bei sämtlichen aktuellen Smartwatches ab dem mittleren Preissegment zum Standard-Funktionsumfang.
Ausführliche EKG-Messergebnisse und umfangreiche Statistiken versprechen Uhren wie die Google Pixel Watch 2, die Apple Watch Series 9 oder die Xiaomi Watch 2 . Die Resultate sind vergleichbar mit denen eines 1-Kanal-EKG – also aufschluss- und hilfreich. Einige wenige Smartwatches verfügen sogar über eine Zertifizierung als Medizinprodukt, allen voran die Huawei Watch D. Bei den großen Herstellern wie Apple oder Samsung ist das noch nicht der Fall.
Eine Besonderheit ist die Knauermann Pro 2 Plus, mit der sogar Dauer-EKGs vorgesehen sind. So liegt der Uhr eine dafür nötige eine Brustkorb-Elektrode bei.
Möchtest du nachträglich doch noch deinen Blutdruck überwachen, lohnt sich ein smartes Blutdruckmessgerät, zum Beispiel das von Qardio. Das QardioArm lässt sich mit Apple Health und Samsung Health synchronisieren, ist aber zugleich präziser als eine Smartwatch-Blutdruckmessfunktion. Alternativ tut es ein reguläres Blutdruckmessgerät (mit Oberarmmanschette), zum Beispiel von Beurer oder Sanitas.
Wie funktioniert die Blutdruckmessung an der Smartwatch?
Smartwatches mit Blutdruckmessung nutzen in der Regel die für die Pulsmessung gedachten Sensoren. Infrarotes und rotes Licht durchleuchten die Hautschichten – das Blut absorbiert oder reflektiert dieses Licht. Daraus lässt sich der Blutdruck ableiten, vor allem bei längerer oder kontinuierlicher Messung. Aus diesem Grund dauert die Analyse meist 30 Sekunden oder länger.
Trotzdem ist meist ein Abgleich mit einem „richtigen“ Manschetten-Messgerät nötig, da sich die Blutdruckwerte mit den Jahren ändern können. Daher musst du zum Beispiel 1x im Monat eine Galaxy Watch6 neu kalibrieren. Alternativen wie die Huawei Watch D oder die Kardena Care Air 2 verfügen bereits über eine Manschette im Armband, sie können daher ein typisches Handgelenk-Messgerät ersetzen.
Das größte Problem heutiger Smartwatches mit Blutdruckmessung (ohne Manschette) ist die Tatsache, dass die „gemessenen“ Werte im Grunde Berechnungen sind, die Trends abbilden, aber keine mögliche Krankheit mit Garantie erkennen. Eine Smartwatch kann allerdings gesundheitliche Veränderungen aufzeigen und dient somit als Hilfsmittel bei der Früherkennung von Krankheiten.
Wie funktioniert EKG an der Smartwatch?
Auch bei der Puls- bzw. EKG-Messung kommt der Lichtsensor zum Einsatz, mit dessen Hilfe eine Pulswellenanalyse am Handgelenk möglich ist.
EKG (Elektrokardiografie) heißt: Die Uhr erstellt ein Elektrokardiogramm, das die elektrische Aktivität des Herzens darstellt. Es gibt den Herzrhythmus an, meist findet eine automatisierte Auswertung in der App der Smartwatch statt. So kann eine Smartwatch unter anderem gefährliches Vorhofflimmern erkennen und dich informieren.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie und das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung stellten bereits vor Jahren fest, dass gute Smartwatches mit EKG-Funktion eine 95-prozentige Übereinstimmung mit professionellen Messgeräten bieten.
Bei Smartwatches handelt es sich um sogenannte 1-Kanal-EKGs, die zwar nicht extrem genaue Ergebnisse, aber für die meisten Menschen völlig ausreichende Informationen liefern – gerade für Alltag, Sport und Freizeit. Andererseits sind die Uhren nicht in der Lage, Durchblutungsstörungen des Herzmuskels oder gar einen Herzinfarkt eindeutig zu erkennen. Aber wie beim Blutdruck heißt es auch hier: EKG-Messung kann bei der Früherkennung von Krankheiten unterstützen.
Eignet sich eine Smartwatch mit EKG für Menschen mit Herzschrittmacher?
Aufgrund der Tatsache, dass Smartwatches beim Aufzeichnen eines EKG stets ein elektrisches Signal durch den Körper senden, besteht die Gefahr, dass diese den Herzschrittmacher stören. Anbieter wie Samsung, Withings oder Fitbit raten davon ab, die EKG-Funktionen ihrer Smartwatches zu verwenden, wenn du einen Herzschrittmacher oder Herzdefibrillator besitzt. Eine Ausnahme ist die Knauermann Pro 2 Plus, die laut Hersteller alle relevanten Sicherheitsnormen erfüllt.
Grundsätzlich gilt: Frage bei vor dem Kauf einer potenziell geeigneten Smartwatch deinen Arzt bzw. deine Ärztin. Denn auch beim Messen von Vitalwerten (Herzfrequenz, Atemfrequenz, Körperfett…) gelangen sehr schwache Wechselströme in den Körper, die die Funktion des Herzschrittmachers beeinträchtigen könnten.
Fazit: Brauche ich EKG und Blutdruck an der Smartwatch?
Du solltest von einer Smartwatch mit Blutdruckmessung und EKG nicht erwarten, dass sie dir medizinisch akkurate Ergebnisse liefert. Nicht ohne Grund geben die meisten Hersteller an, dass die Messungen Orientierungswerte von Lifestyle-Produkten sind. Es sind keine medizinischen Messgeräte, wie sie der Hausarzt besitzt oder wie sie separat in Form eines Oberarm-Blutdruckmessgeräts mit Manschette erhältlich sind. Aber sie liefern dir Orientierungshilfen und können dich warnen, wenn die Ergebnisse auffällig oder gar bedenklich sind. Und das ist schon enorm hilfreich.
Im Jahr 2024 setzen nicht mehr alle erhältlichen Smartwatches mit Blutdruckmessung ein „richtiges“ Messgerät zur Kalibrierung voraus – wie die Huawei Watch D oder die Kardena Care Air 2 zeigen. Doch der Markt ist noch sehr übersichtlich, die Auswahl an solchen Uhren ist überschaubar. Persönlich empfehle ich, den Kauf einer Smartwatch nicht allein von der Blutdruck-Erfassung abhängig zu machen, eben weil die Werte Anhaltspunkte sind.
Anders sieht es beim EKG aus: Auch wenn es sich „nur“ um ein 1-Kanal-EKG basierend auf (Infrarot-)Sensoren handelt, sind die Resultate erwiesenermaßen gut genug, um mit ihnen etwas anfangen zu können. EKG und Puls sollten meiner Auffassung nach bei keiner Smartwatch fehlen, zumal Uhren speziell das Vorhofflimmern meist gut erkennen. Herzinfarkte dagegen lassen sich nur mit professionellen Messgeräten erfassen. So oder so können gemessene Ergebnisse für Ärzte und Ärztinnen sehr nützlich und aufschlussreich sein.
Blutdruck ist aktuell eher „nice to have“ und keine Pflicht-Funktion. In Zukunft dürfte uns in diesem Bereich sicherlich noch deutlich mehr Präzision erwarten.
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