Nextbase 422GW im Test: Braucht eine Dashcam wirklich Alexa?

Alexa, Notfall-SOS, modulares Rückfahrkamera-System – die neuen Dashcams von Nextbase versprechen praktische Funktionen. Ob wir diese wirklich benötigen, klärt der Test der Nextbase 422GW.

Nextbase 422GW im Test: Braucht eine Dashcam wirklich Alexa?

Seitdem deutsche Gerichte Dashcams als Unfall-Beweismittel akzeptieren, sind solche Geräte hierzulande auch erhältlich. Zu einem der ersten Hersteller gehörte das Unternehmen Nextbase, das jetzt mit der hauseigenen Series 2 startete. Das ist ein kompletter Relaunch der hauseigenen Produkte.

Besonders interessant sind hierbei der Spitzenmodelle 422GW und 522GW, denn diese verfügen über Alexa-Sprachsteuerung, ein Notfall-SOS-System, Optionen zum Teilen aufgenommener Inhalte sowie gegenüber den vorherigen Modellen zahllose Verbesserungen. Auch lassen sich via Bluetooth weitere Kameras am Auto (z.B. am Heck) anbringen, um so die komplette Übersicht zu erhalten. Ich habe die Nextbase 422GW im Rahmen eines ausführlichen Tests ausprobiert.

Nextbase 422GW im Test: Ausgepackt und angebracht

Gefühlt tausend Teile befinden sich in der Verpackung, doch sie alle haben einen Sinn. Nextbase legt beispielsweise sowohl eine Klebefläche, als auch einen Saugnapf zum Anbringen an der Windschutzscheibe bei. Die magnetische Halterung zum leichten Entfernen der eigentlichen Dashcam hinterlässt einen sehr wertigen Eindruck, nur das erste Zusammenbasteln ist nicht ganz selbsterklärend. Sei’s drum – der „Quick Start Guide“ hilft ja weiter.

Das ist alles in der Packung. (Foto: Sven Wernicke)
Das ist alles in der Packung. (Foto: Sven Wernicke)

Seltsam mutet es an, dass ihr die Nextbase 422GW zu Beginn einmalig über ein mitgeliefertes USB-Kabel für zwei Stunden aufladen sollt. Danach begnügt sich das Gerät mit der normalen Stromverbindung zum Zigarettenanzünder. Wieso das so ist? Erst einmal unklar.

Ansonsten gewinnt die 422GW sicherlich keinen Schönheitswettbewerb, ist aber optisch okay und aufgrund ihrer kompakten Ausmaße zum Beispiel unter dem Rückspiegel unauffällig. Das 2,5 Zoll große Display (732×240 Pixel, 16:9-Format) mit Touchscreen-Funktionalität reicht für einen Überblick vollkommen aus. Gegenüber dem Vorgänger, der Nextbase 412GW, ist der Bildschirm allerdings eine Ecke kleiner.

Es ist eher ein zweckmäßiges Design. (Foto: Sven Wernicke)
Es ist eher ein zweckmäßiges Design. (Foto: Sven Wernicke)

Hinweis: Eine microSD-Speicherkarte liegt der 422GW nicht bei. Dabei braucht ihr eine, da die Kamera über keinen eigenen Speicher verfügt. Mindestens 8GB (Klasse 10, U3) sollte diese groß sein. Dann speichert sie maximal 60 Minuten Videomaterial und überschreibt das älteste kontinuierlich. Warum Dashcams so funktionieren, erkläre ich an anderer Stelle.

Einrichtung – nichts geht ohne Smartphone-App

Dashcam angebracht, mit Strom versorgt, Speicherkarte eingesteckt? Super, dann kann’s ja losgehen. Trotzdem benötigt ihr für alle Features ein Smartphone zum Koppeln und Einrichten der Dashcam. Die kostenfreie App für iOS und Android hilft euch beim Verbinden via Bluetooth, was bei meinem Test problemlos funktionierte. Prompt folgte – wie kann es heutzutage anders sein – ein Update der Nextbase 422GW.

Ohne App könnt ihr die Dashcam nicht einrichten. (Foto: Sven Wernicke)
Ohne App könnt ihr die Dashcam nicht einrichten. (Foto: Sven Wernicke)

Bedauerlich, dass die App in englischer Sprache gehalten ist. Sie ist aber weitgehend selbsterklärend und ermöglicht auch das ausführliche Anpassen an eigene Vorstellungen. Alternativ ändert ihr wichtige Einstellungen direkt an der Dashcam, beispielsweise die Videoaufnahme-Auflösung, die Empfindlichkeit des integrierten G-Sensors (Erkennen von Erschütterung) und die Länge von Zeitraffer-Videos. Ja, genau das könnt ihr jetzt endlich von eurer Dashcam aufnehmen lassen. Eine Live-Sicht, die ihr aufs Telefon streamen könnt, gibt’s freilich auch. Oder ihr übertragt Aufnahmen auf euren mobilen Begleiter.

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Besonders interessant sind zudem zwei Elemente: Emergency SOS und die Integration von Amazons Sprachassistentin Alexa.

Emergency SOS – wie funktioniert das?

Das sogenannte Emergency SOS ist ein zweifelsohne sehr ausgeklügeltes System, das sich die Entwickler bei Nextbase ausgedacht haben. Ist euer Smartphone selbst nicht auch Opfer eines Unfalls, kann dieses automatisch einen Notdienst benachrichtigen. Die Dashcam analysiert gemeinsam mit den Sensoren eures Mobiltelefons die Situation und reagiert entsprechend selbständig. In mehreren Etappen prüft das System, ob es wirklich zu einem Zwischenfall kam oder nur zu einer größeren Erschütterung. 150 Sekunden habt ihr Zeit, bis euer Smartphone einen Notdienst informiert, sowie nötige Daten (GPS-Koordinaten) zusendet.

Eine einmalige Einrichtung ist nötig. (Foto: Screenshot / Sven Wernicke)
Eine einmalige Einrichtung ist nötig. (Foto: Screenshot / Sven Wernicke)

Für meinen Test deaktivierte Nextbase das Kontaktieren des Notdienstes. Beim Ausprobieren kostet es schon etwas Überwindung, diese Unfallerkennung mittels eines sehr starken Rüttelns auszulösen. Im Rahmen zweier Countdowns konnte ich das Anrufen eines Helfers unterbrechen, danach wäre der Anrufversuch eines Rettungsdienstes erfolgt.

Die Grenzen von Emergency SOS beim Nextbase 422GW im Test

Zugegeben: Das ist ein wirklich spannendes Feature, das wie gesagt aber nur dann wirklich nützlich ist, wenn euer mit der Dashcam gekoppelten Smartphone bei einem Unfall nicht das Zeitliche segnet. Denn sonst kann natürlich kein Anruf mehr erfolgen. Gleiches gilt, wenn die Dashcam oder die Halterung mit dem integrierten GPS-Modul defekt sind. Trotzdem steigt durch diesen Ansatz etwas das Sicherheitsgefühl, denn die Nextbase 422GW ist damit auch ein Warnsystem für den Fall des Falls.

Ein Hinweis noch: Emergency SOS erfordert eine einmalige Registrierung, bei der ihr einige persönliche Daten angeben müsst (Automarke, Modell, Farbe, Medikation, Allergien, Blutgruppe). Ebenso ist diese Funktion zugleich ein Abo-Dienst, das erste Jahr ist gratis. Danach kostet Emergency SOS 3,99 Euro monatlich beziehungsweise 39,99 Euro jährlich.

Wozu braucht meine Dashcam eigentlich Alexa?

Eine Dashcam im Auto mit Alexa? Das klingt nicht nur ungewöhnlich, schnell stellt sich die Frage nach dem Mehrwert. Standardmäßig bietet die Sprachassistentin unterwegs gar nicht mal so viel, wobei ihr tatsächlich eure Smart-Home-Geräte kontrollieren, Musik über Amazon Music abspielen oder Telefonate mit Alexa-Kontakten führen könnt. Erst mit dem bald geplanten Nextbase-Skill dürft ihr eure Dashcam auch fernsteuern, beispielsweise Aufzeichnungen starten und diese direkt zum Smartphone senden.

Trotz der gegenwärtigen Limitierung ist Alexa als Element der Nextbase 422GW ein interessanter Ansatz mit Potenzial. Die Einrichtung ist, sofern ihr die Alexa-App bereits auf eurem Smartphone besitzt, schnell erledigt. Letztlich ist die Dashcam mit dem integrierten Mikrofon als Eingabe-Device zu verstehen, das Smartphone gibt die Antworten aus. Habt ihr euer Telefon via Bluetooth mit euer Musikanlage im Auto gekoppelt, hört ihr die Reaktionen über diese. Das heißt also auch: Ohne Internetverbindung und eurem Phone könnt ihr Alexa an der Dashcam nicht verwenden.

Was ich mir wünschen würde für die Zukunft: Eine Möglichkeit, auch Musik von Spotify abzuspielen, genauso die erwähnte Kontrolle der Dashcam. Ein „Alexa, nimm Video auf“ wäre reizvoll – zum Beispiel dann, wenn ein Wolf über die Straße läuft und ihr genau das speichern möchtet. Schon jetzt finde ich es toll, während der Fahrt meinen geliebten Alexa-Skill „Rätsel des Tages“ starten zu können. Es gäbe sicherlich noch weitere individuelle Einsatzgebiete. Welche? Das deutet zum Beispiel TomTom mit seinem Navi Go Premium und der IFTTT-Anbindung gut an.

Inhalte teilen

Wie von einer Dashcam gewohnt, nimmt die Nextbase 422GW automatisch bei der Fahrt Videos auf. Wichtige Inhalte schützt ihr vor dem Löschen – entweder automatisch bei Erschütterungen oder via Taste unterhalb des Displays. Das klappt gut und zuverlässig. Doch was tun mit dem ganzen Videomaterial, was sich ggf. bei längeren Fahrten ansammelt? Bearbeitet dieses am Rechner mit dem MyNextBase Player oder übertragt Inhalte aufs Smartphone, um diese von dort zu editieren.

Die MyNextbase-Player-App bietet allerlei Optionen zum Bearbeiten. (Foto: Screenshot)
Die MyNextbase-Player-App bietet allerlei Optionen zum Bearbeiten. (Foto: Screenshot)

Unter Umständen ist es sinnvoll, den Weg über das Smartphone zu wählen, denn dann ist das Teilen von Videos in den sozialen Netzwerken über die jeweiligen Apps unproblematisch. Das klappt zwar auch am PC, nur nicht über MyNextbase Player. Dort sind die Sharing-Optionen offenbar noch nicht fertig entwickelt. Immerhin könnt ihr die Nextbase-Cloud verwenden, um Medien dort abzulegen.

Was die Nextbase 422GW jedenfalls nicht beherrscht, das ist das automatische Entfernen von Nummernschildern. Das wäre gerade fürs Posten bei Youtube und Co. nötig, um nicht gegen hiesige Gesetze zu verstoßen. Ansonsten aber speichert die Dashcam Videos und Bilder in üblichen Formaten, sodass eine Weiterverarbeitung unkompliziert ist.

Stärken und Schwächen der Nextbase 422GW

Bei meinen Fahrten wollte ich natürlich keinen Unfall provozieren, um alle Funktionen der Nextbase 422GW genauestens unter die Lupe zu nehmen. Auffällig sind trotzdem einige Aspekte. So verzichtet der Hersteller offenbar auf einen Polarisationsfilter an der Linse, Reflexionen vom Armaturenbrett sind so unter Umständen in den Videos zu erkennen. Als Zubehör ist ein solcher erhältlich. Nicht optimal.

Der verbaute 4 Megapixel-Sensor reicht meiner Meinung nach aus, er schafft bis zu 1440p bei 30 Bildern pro Sekunde (oder 1080p bei 60fps). Qualitativ stellt auch die Nachtsicht zufrieden. Schwach ist, wie schon bei der Series 1 von Nextbase, der Akku. Der nimmt maximal 15 Minuten Videos ohne externe Stromversorgung auf. Das könnte ruhig etwas mehr sein.

Aber ich will nicht nur nörgeln: Im Großen und Ganzen leistet die Nextbase 422GW einen sehr guten Job, ist im alltäglichen Betrieb dezent und bietet zugleich ein paar nette Features, die euch sicherlich auch die Fahrt versüßen.

Übrigens könnt ihr die 422GW durch zusätzlich erhältliche Kameras und somit weitere Perspektiven erweitern. So erhaltet ihr im besten Fall die komplette Rundumsicht für euer Auto.

Fazit Nextbase 422GW im Test: Viel dran an der Dashcam

Nextbase ist sichtlich bestrebt, attraktive Mehrwerte für die hauseigenen Dashcams zu schaffen. Was gegenwärtig möglich ist, zeigt der Hersteller bei der Nextbase 422GW. Neben den Basisfunktionen, die ihr von einer Dashcam heutzutage erwartet, gefallen mir die frischen Ideen besonders gut. Das Notrufsystem ist komplex und gut gesichert, sodass ihr dieses nicht versehentlich aktiviert. Alexa lässt Potenzial durchschimmern, ist gegenwärtig allerdings eher zu Unterhaltungszwecken gut. Mit dem geplanten Skill kommen sicherlich nützliche Elemente dazu.

Im Einsatz. (Foto: Sven Wernicke)
Nextbase 422GW Im Einsatz. (Foto: Sven Wernicke)

Solltet ihr euch mit einer Dashcam absichern wollen und auch ein paar „Luxus-Features“ gegenüber nicht abgeneigt sein, kommt ihr bei der Nexbase 422GW auf eure Kosten. Hier und da könnten die verantwortlichen Entwickler noch etwas Feintuning betreiben (MyNextbase Player) und etwas die Transparenz verbessern (die Preise für Emergency SOS sollten Anwender schon in der App finden können), alles in allem aber erhaltet ihr hier ein wirklich gutes Produkt zu einem angemessenen Preis.

Die Nextbase 422GW ist auch bei Euronics erhältlich.

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