Fazit: Hübscher Bolide mit anspruchsvoller Kamera
Das Motorola One Zoom besticht mit einem OLED-Display und einer Dreifachoptik und dürfte Hobbyfotografen ein treuer Begleiter sein. Die Bildqualität reicht aber nicht an die Spitze heran. Verarbeitung und Design sind sehr gut, in puncto Leistung dürfte die gleich teure Konkurrenz eine Nasenlänge voraus sein.
Motorola One Zoom: Die Kamera
Kommen wir doch direkt zur Sache: Das Highlight im Motorola One Zoom ist zweifellos die Dreifachkamera. Der Name „Zoom“ verrät es bereits: Drei Linsen sind drin: einmal Ultraweitwinkel, einmal Normalbrennweite (eigentlich ein leichter Weitwinkel) und eine Telelinse mit 3x-Zoom. Künstliche Intelligenz und, wenn das nicht reicht, die automatische Stilisierung des standardmäßig installierten Bildprogramms Google Fotos sollen die Bildqualität weiter aufwerten. Damit ist eigentlich alles abgedeckt, was Reise- und Straßenfotografen ohne Profiansprüche in ihrem Alltag brauchen.
Die Fotoqualität ist für diese Ansprüche in den meisten Fällen in Ordnung, gerade mit der Standard-Linse. Die Bilder sind scharf, eigentlich immer gut ausgeleuchtet, der Bildinhalt ausgewogen. Bei genauerer Betrachtung und bei Vergrößerungen allerdings verrrauschen Hintergründe und einzelne Details gehen bei schlechteren Lichtverhältnissen verloren:
Die Künstliche Intelligenz, die ihr auf Wunsch abschalten könnt, holt noch einmal ein ganzes Stück heraus. Hier einmal ein Vergleich, was genau die KI verändert. In Falle dieses Bildes von einem italienischen Pastagericht vor allem die Farbe:
Die mit der Tele-Linse geschossenen Fotos rauschen im Vergleich zum Normalobjektiv zwar eher, dieses Nachtfoto mit Zoom ist allerdings durchaus ausgewogen:
Schade, dass es den Nachtmodus nicht auch für Tele und Ultraweitwinkel gibt. Die Super-HDR-Aufnahme für ein taghelles Bild auch abends oder besondere Lichteffekte gelingt mit dem One Zoom nur in der Normalbrennweite. Dieses Bild hier ist nicht nur mit dem Nachtmodus aufgenommen, auch Google Fotos hat es nachträglich automatisch aufgehübscht („stilisiert“):
Kein großer Beinbruch, dennoch auffällig: Das Umschalten zwischen den einzelnen Brennweiten kann durchaus einen Moment dauern. Beim schnellen Umschalten erlebte ich es auch zu Weilen, dass das System sich verirrte, etwa behauptete, im Ultraweitwinkelmodus zu sein, dabei war es der Normalmodus.
Frontkamera mit Porträtmodus und Live-Fokus
Die Qualität der Frontkamera fällt gegenüber der Hauptkamera und einem Samsung Galaxy S10 im Vergleich deutlich ab, vor allem bei schlechteren Lichtverhältnissen. Selbst bei ausgeschaltetem Beauty-Modus scheint ein leichter „Verschönerungseffekt“ einzutreten, was nicht unbedingt wünschenswert ist.
Einrichtung
Der von Haus aus vorgesehen Übertragungsmodus von einem anderen Android-Smartphone misslang. Das Motorola One Zoom und mein Samsung Galaxy S10 erkannten einander zwar, die Kopplung wollte und wollte aber nicht gelingen. Nach dem fünften Versuch gab ich auf und richtete das Zoom von Hand ein.
Motorola One Zoom: Handhabung und Design
Zusammen mit dem beleuchten Motorola-M und der auffallend designten Rückseite ist das One Zoom mit das schönste Smartphone, das ich seit langem gesehen habe:
Das Gehäuse ist ordentlich griffig, es bleiben bei leicht schwitzigen Fingern aber auch schnell Abdrücke, und dann rutscht es ein wenig. Die mittig platzierte Kamera hilft dabei, dass das Gerät eben aufliegt. Leider ragt das Kameramodul etwa 2 Millimeter aus dem Gehäuse heraus, so dass ihr hier beim Verstauen in der Hosentasche einen kleinen Widerhaken habt, der auch zum Staubfänger wird. Motorola legt allerdings eine praktische Silikonhülle für die Rückseite gleich bei, die Unebenheiten wieder ausgleicht:
Schön ist die geriffelte Power-Taste an der Seite, die ihr leichter erfühlen könnt:
Beim Sound belässt Motorola es bei einem einzelnen Lautsprecher oben. Der Klang ist bei Normallautstärke okay, nicht weniger, nicht mehr. Bei voller Lautstärke beginnt er zu dröhnen. Eine Audio-Klinke gibt es unten noch zusätzlich zur USB-C-Schnittstelle und über den durchschnittlichen, mitgelieferten Kopfhörer als Antenne auch ein UKW-Radio. Auffällig: Obwohl es gar nicht einmal so viel größer ist als mein Samsung Galaxy S10, wirkt das One Zoom auf mich erstaunlich breit und auch weniger gut handhabbar. Ich muss immer wieder umgreifen und kann – trotz eines optionalen Einhand-Modus‘ – nur wenig mit einer Hand erledigen.
Das Display in Motorola One Zoom
Motorola verbaut im One Zoom ein OLED-Display, auch wenn das auf den ersten Blick nicht den Anschein hat. Bei ausgeschaltetem Gerät etwa wirkt das „Schwarz“ des Displays deutlich heller als das des schwarzen Rands. Einige ein paar Millimeter dicke Ränder links, rechts, oben und unten sind auch durchaus noch zu sehen. Motorola verbaut dennoch viel Display pro Oberseite (84,6 Prozent) und hat sich bei der Frontkamera für eine kleine, runde Aussparung entschieden.
Das Display löst in Full HD auf, was für die Größe allemal ausreichend ist. Videos zeigt es in guter Qualität an. Sind euch 16:9-Videos zu schmal, könnt ihr sie mit einer einfachen Aufziehgeste (Pinch to Zoom) auf die volle Displaybreite (Bildformat 19,5:9) ziehen. Dann allerdings mit entsprechend gezerrter Optik. Die Maximalhelligkeit des Displays reicht auch an sonnigen Tagen aus. Regelt ihr sie herunter, wirkt das Display allerdings auch schon schnell sehr dunkel, selbst wenn der Schieberegler noch weit über der Hälfte steht.
Entsperrung des Geräts
Motorola begnügt sich mit einer 2D-Gesichtsentsperrung, die auch tagsüber halbwegs zuverlässig funktioniert. Bei Dunkelheit, mit aufgesetzter Mütze oder Brille, nahm die Trefferquote allerdings auch schnell ab. Leider, muss ich fast sagen, hat der Hersteller sich für einen Fingerabdrucksensor im Display entschieden. Den hatte ich schon im Galaxy S10 nach einer Weile frustriert abgeschaltet und auch im One Zoom präsentiert er sich nicht immer zuverlässig, vor allem aber als langsam.
Wir könnten darüber streiten, wo ein Fingerabdrucksensor am besten aufgehoben ist. Ich mag allerdings die runde Aussparung auf der Rückseite, die Motorola in vielen Smartphones einsetzt, was auch in der Regel zuverlässig und schnell funktioniert.
Leistung
Motorola hat sich für den Snapdragon 675 und damit das Mittelklasse-Vorjahresmodell entschieden. Der ist in der Praxis merklich träger als die Luxusklasse der 800er-Serie. Für die notwendigen Aufgaben reicht das dicke aus. Anspruchsvolle Spiele dürften hier aber weniger ein Genuss; schon im Referenz-Test mit dem AnTuTu-Benchmark ruckelt die Grafik stark.
Mit den 4 GB RAM solltet ihr im Alltag zwar dicke hinkommen. Da wäre in meinen Augen aber noch mehr möglich gewesen. Die vergleichbar ausgestattete Mittelklasse ist mittlerweile bei 6 GB angekommen. Schön ist auf jeden Fall die ordentlich proportionierte Speichermenge von 128 GB, auch wenn euch davon nur etwa 110 GB zur Verfügung stehen. Ein Aufrüsten mittels Micro-SD-Karte (bis 2 TB) ist möglich.
Akku und Laufzeit des One Zoom
Der Akku ist mit 4.000 mAh ordentlich portioniert und brachte mich bei durchschnittlicher Leistung sicher über den Tag. Das Smartphone scheint durch das verwendete OLED-Panel Energie zu sparen. Kabelloses Laden ist nicht vorgesehen, dafür verwendet Motorola einen Turbopower-Schnelllademodus, der das Gerät in gut einer Stunde wieder aufgeladen hat.
Software: Kein Android One
Ein wenig überraschend: Das Betriebssystem auf dem Motorola One Zoom ist Android 9, also nicht, wie auf den anderen One-Geräten und wie der Name suggeriert, Android One. Motorola hat das Gerät bereits im September vorgestellt, deswegen ist es zu verschmerzen, dass (noch) kein Android 10 drauf ist. Motorolas Oberfläche ist, wie immer, angenehm reduziert, nah an Googles eigener Oberfläche und mit runden Icons sehr augenfreundlich designt. Zum Testzeitpunkt Ende November war das Sicherheitspatch vom 1. September installiert.
Was Digital Detox betrifft, empfinde ich die Standard-Einstellungen vom One Zoom schon fast als Rückschritt. Ständig blinkt, poppt auf oder vibriert etwas. Beinahe stündlich etwa meldet sich Google Maps (wo ich als Local Guide aktiv bin) mit Nachfragen. Google Fotos schickt ungefragt Zusammenfassungen. Bei kleinsten Wetteränderungen vibriert das Gerät mit einer Info. Die Gestensteuerung schaltet das Display ein, wenn ich nur in der Nähe bin. All das lässt sich ausschalten. Ich muss das aber erst tun und mich dafür durch die Einstellungen kämpfen, um endlich mal Ruhe zu haben.
In der Hinsicht ein Schritt in die richtige Richtung ist für mich das beleuchtete Motorola-M auf der Rückseite. Auch das lässt sich wahlweise ausschalten. Standardmäßig leuchtet es dauerhaft, wenn ihr das Gerät benutzt, oder kurz auf, wenn Benachrichtigungen eintreffen. So könnt ihr das One Zoom umdrehen und das Smartphone informiert euch dennoch, dass etwas Neues passiert ist. Noch schöpft Motorola wenig von diesem Potenzial aus. Ich könnte mir hier noch verschiedene Lichtfarben oder ein unterschiedlich langes Aufleuchten vorstellen, damit NutzerInnen Benachrichtigungen besser unterscheiden können.
One Zoom: Preis
Für das Gesamtpaket verlangt Motorola UVP 429 Euro, was ich fast schon etwas viel finde. Die Kamera ist toll, der Prozessor aber nur Mittelmaß. Sicherlich sinkt der Straßenpreis über die Zeit, aber das Gesamtpaket mutet auf mich eher 100 Euro zu teuer an.
Ausblick und Zukunft für Motorola
Mit der vor einem Jahr ins Leben gerufenen One-Serie bricht Motorola aus alten Designmustern aus. Eine erfrischend andere Serie, in denen jedes One-Gerät seine eigene Stärke hat. Im One Action etwa trumpfte die Actioncam auf, im One Zoom soll die Kamera der Star sein. Ein echtes Flaggschiff hatte die Lenovo-Stieftochter schon lange nicht mehr vorgestellt. Beim UVP von 429 Euro für das One Zoom hat man aber den Eindruck, es soll zumindest ein wenig aufhorchen lassen.
Und dann platzte kürzlich die überraschende Ankündigung über das faltbare Motorola Razr ins Haus, das spätestens 2020 zu uns kommen soll. Motorola war lange Zeit fast ein wenig in der Versenkung verschwunden, aber nun scheint es, ist man zurück. 2020 dürfte ein spannendes Jahr für die Marke werden.
Jetzt kommentieren!