Huawei darf auf seinen neuesten Geräten keine Google-Apps und -Services mehr installieren. Für die neuen Mate 30 und Mate 30 Pro allerdings blieb eine Hintertür, die die Chinesen nun auch nutzen: So kann Huawei wie jede andere Firma auch auf das Android Open Source Project (AOSP) zurückgreifen. Das quelloffene Android-Betriebssystem ohne Google-Lizenzvertrag und -Anwendungen steht Huawei also zur Verfügung. Obendrauf kann der Hersteller seine eigene Software-Oberfläche und App-Stores anbieten.
Die Kernfrage: Läuft das Mate 30 mit Android?
So läuft das Open-Source-Android auch auf dem Huawei Mate 30 und seinen Schwestermodellen. Sicherheitsupdates erhält auch diese Version, wenngleich mit kleinerer Verzögerung. Der Google Store fehlt, als Alternative bietet Huawei über die AppGallery benannte Alternative an. Diese funktioniert ähnlich wie das Android-Original. Ob US-amerikanische Anwendungen wie WhatsApp, Instagram, Facebook und dergleichen darüber zu beziehen sind? Darüber schweigt sich Huawei aus.
Den Aufbau eines eigenen App-Ökosystems kündigte Huawei vor wenigen Monaten an und reagierte damit auf die US-Sanktionen. Entwickler möchte der Smartphone-Gigant durch spezielle Förderprogramme für sich gewinnen. Entwickler erhalten finanzielle Unterstützung für die App-Entwicklung, sie sollen aus Verkäufen außerdem höhere Erlöse erhalten.
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Ist das noch Android?
Das, was Huawei als kleinen Einblick in das neue Betriebssystem zeigte, sah frappierend nach Android aus. Wenngleich die EMUI-10-Oberfläche mit neuem Fluid-Design, Gestensteuerung und einem flacheren Struktur moderner wirkte als das offizielle Android 10. Schön ist die Auto-Rotate-Funktion, die wir uns so für andere Smartphones wünschen würden. Auf dem Tisch liegend erkennt das Gerät, wo ihr euch befindet und richtet den Bildschirminhalt auf eure Position aus.
Da Googles Dienste auf dem neuen Mate 30 nicht ohne weiteres zur Verfügung stehen, bietet der Hersteller ein eigenes Account-System und einen kostenfreien Cloudspeicher.
Das Killer-Feature schlechthin heißt Screen Collaboration. Nach Registrierung bei Huawei könnt ihr auf eurem PC eine kleine Anwendung herunterladen. Diese erlaubt euch, das Mate 30 als zweiten Bildschirm zu nutzen. Neben zusätzlichen Infos bietet das Smartphone intelligente Bedienelemente, über die ihr komplexe Funktionen in Photoshop, InDesign oder Word mit einem Tipp auf den Bildschirm auslöst.
Huawei Mate 30: Effizienter Begleiter
Das Basismodell der neuen Huawei-Riege hört auf den Namen Mate 30. Es setzt sich an die Spitze der Mittelklasse-Smartphones und ist eine willkommene Ergänzung zum Apple iPhone 11 und Samsung Galaxy S10+.
Herzstück des Smartphones ist der neue Kirin 990-Prozessor. Die von Huawei selbst entwickelte CPU konkurriert mit Marktführer Qualcomm in vielerlei Hinsicht. Nicht nur habe man die Energieffizienz erhöht, erklärte Huawei. Auch die Architektur präsentiert sich grundlegend überarbeitet. Im Chip untergebracht ist neben der CPU die 16-Kern-Grafikeinheit Mali-G76. Eine NPU für die Künstliche Intelligenz, ein dezidierter Bildprozessor, Hardware-Beschleuniger für Video und Sound sowie ein Funkmodul. Letzteres unterstützt auch 5G und greift auf insgesamt 21 Antennen zurück, von denen ganze 14 nur für den neusten Funkstandard reserviert sind.
Der Kirin 990 greift auf 8 Gigabyte Arbeitsspeicher zurück. An internem Speicher spendiert Huawei 128 Gigabyte, die ihr via microSD-Karte um bis zu 2 Terabyte erweitern könnt.
Der Akku ist mit 4.500 mAh großzügig bemessen. Braucht ihr dennoch Strom, liefert das Netzteil bis zu 40 W bei Kabelverbindung und 27 W kabellos. Dank Reverse Wireless Charging könnt ihr das Huawei Mate 30 als Powerbank für Kopfhörer oder andere Smart-Devices nutzen.
Das Display als Mittelmaß aller Dinge
Der erste Blick auf das Display mag enttäuschen. Die Auflösung ist 2.340 mal 1.080 Pixel auf 6,62 Zoll Diagonale geringer als bei manch anderem Spitzenmodell. Allerdings zeigte sich in den vergangenen Jahren, dass die native Auflösung von 1080 Zeilen vollkommen ausreichend ist. Also konzentrierte sich Huawei auf andere Aspekte des Bildschirms.
Dazu gehören der nochmals höhere Kontrast und eine stärkere Leuchtkraft. Den erweiterten HDR-Farbraum nennt Huawei Cinematical Color System und verspricht nicht weniger als eine nahezu 100%ige farbgetreue Bildwiedergabe.
Herausstechend ist das Anti-Blue-Light genannte System, das blaues Licht um bis zu 65 % reduzieren soll. Das ist für jene gut, die vor dem Zubettgehen noch einmal einen längeren Blick auf das Smartphone werfen. Ein Nachtmodus ergänzt diese sinnvolle Neuerung. Natürlich ist auch dieses Display auf Wunsch always on.
Kamera: Kampfansage an die Konkurrenz
Apple tat es, Samsung tat es, nun auch Huawei: Das Unternehmen stellt die Foto-Fähigkeiten des eigenen Flaggschiffes als Highlight heraus. Schon das Basis-Modell besitzt drei Kameras. Eine Ultra-Weitwinkelkamera (40 MP) für Landschaftsaufnahmen, eine Weitwinkel-Kamera (24 MP) für Schnappschüsse und ein Teleobjektv (8 MP) für Zooms sind an Bord. Das vierte Element auf der Rückseite ist eine Laser-basierte Fokuseinheit.
Huawei betont, dass die verbauten Fotosensoren nicht nur eine hohe Auflösung haben, sondern dank großer Fläche auch viel Licht einfangen. Um auch für Nachtaufnahmen gewappnet zu sein, bietet das Huawei Mate 30 eine ISO von bis zu 51.200. Zum Vergleich: Eine Spiegelreflexkamera der Mittelklasse hat einen ISO-Wert von bis zu 12.800. Die Zahl sagt allerdings nur etwas über die mögliche Lichtempfindlichkeit aus; dass bei so hohen ISO-Werten auch gute Fotos herauskommen, ist damit noch lange nicht gesagt.
Das Fotowunder Mate 30 geizt nicht mit weiteren Superlativen. Slow-Motionaufnahmen von bis zu 7.860 Bildern pro Sekunde, Time-Lapse-Aufnahmen und Makro-Fotos sollen ohne Weiteres möglich sein. Die in München präsentierten Fotos sprechen für die Qualität. Ob man derlei Resultate nur und einzig mit dem Huawei Mate 30 erreicht?
Huawei sagt ja. Dazu zeigte das Unternehmen mit dem OSMO Mobile 3 ein transportables Camera Kit. Und außerdem ein tragbares Studio-Licht, das Lichtzelte und -schirme obsolet machen soll. Mit solchem Zubehör könnten selbst Laien qualitativ gleichwertige Fotos schießen.
Preis und Verfügbarkeit
Das Huawei Mate 30 soll bei 799 Euro in der unverbindlichen Preisempfehlung starten. Erhältlich soll es nach dem Marktstart in sechs Farben sein, zwei davon mit Kunstlederrücken. Ob und wann dieses Telefon nach Europa kommt, verriet Huawei zunächst allerdings nicht.
Mate 30 Pro: Edler, großer Bruder
Das Mate 30 Pro basiert auf dem Innenleben des Mate 30. Upgrades umfassen den Arbeitsspeicher von 8 Gigabyte und den internen Speicher von wahlweise 128 GB oder 256 GB. Der Akku fasst 4.500 mAh.
Die Unterschiede enden dort noch nicht. Auffällig ist der AMOLED-Bildschirm. Die etwas kleinere Diagonale (6,53 Zoll) bei gleichzeitig höherer Auflösung (2.400 x 1.176 Pixel) ist zunächst erstaunlich. Wozu Huawei die zusätzlichen Pixel braucht, wird auf den zweiten Blick erkennbar. Als Bildschirm im Wasserfall-Design sind die langen Kanten umlaufend und ziehen sich fast bis zur Rückseite des Geräts.
Was Samsung mit dem Galaxy Note damals nur andachte, vollzieht Huawei. Virtuelle Bedienelemente wie eine Lautstärkeregelung und der Kamera-Auslöser sind auf der umlaufenden Kante dargestellt. So könnt ihr trotz fehlender Knöpfe das Gerät intuitiv bedienen. Fein auch: Diese zusätzlichen Touchelemente sind für Rechts- wie auch Linkshänder zugänglich.
Der erweiterte Farbraum, das Anti-Blue-Light-System und die Always-on-Option sind mit an Bord.
Mate 30 Pro: Noch etwas mehr Foto
Die vier Kameras des Huaweis P30 Pro sind im sogenannten Halo-Design zusammengefasst. Auf der Rückseite dominiert ein größerer Metallring, in welchem die drei Fotolinsen und der 3D-Tiefensensor eingefasst sind. Die Foto-Qualitäten sind ähnlich dem Mate 30. Allerdings sprengt die Kamera mit einem maximalen ISO-Wert von 409.600 die bisher bekannten Skalen. Bildstabilisator, Pro-Bokeh für selektive Scharfzeichnung und diverse Aufnahmemodi sind ein unschlagbares Gesamtpaket für Foto-Enthusiasten.
Preis und Verfügbarkeit
Das Huawei Mate 30 Pro kostet in der 4G-Variante 1.099 Euro (UVP) und als 5G-fähiges Smart-Device 1.199 Euro (UVP). Huawei fertigt es in sechs Farben, hielt sich aber bezüglich eines Marktstarts in Deutschland ebenfalls bedeckt.
Huawei Mate 30 | Huawei Mate 30 Pro | Huawei Mate 30 RS | |
Betriebssystem | EMUI 10.0, basierend auf Android in AOSP-Variante | EMUI 10.0, basierend auf Android in AOSP-Variante | EMUI 10.0, basierend auf Android in AOSP-Variante |
Softwareseitige Besonderheiten | Installation von Apps über Huawei App Gallery, Sicherheitsupdates durch AOSP-Anbindung garantiert | Installation von Apps über Huawei App Gallery, Sicherheitsupdates durch AOSP-Anbindung garantiert | Installation von Apps über Huawei App Gallery, Sicherheitsupdates durch AOSP-Anbindung garantiert |
Abmaße / Gewicht | 160,8 x 76,1 x 8,4 mm / 196 g | 158,1 x 73,1 x 8,8 mm / 198 g | - |
Prozessor | Kirin 990 (gefertigt in 7nm), 16-Kern-Grafikeinheit Mali-G76 | Kirin 990 (gefertigt in 7nm), 16-Kern-Grafikeinheit Mali-G76 | Kirin 990 (gefertigt in 7nm), 16-Kern-Grafikeinheit Mali-G76 |
Arbeitsspeicher / interner Speicher | 8 GB RAM / 128 GB interner Speicher | 8 GB RAM / je nach Modell 256 GB oder 512 GB interner Speicher | 12 GB / 512 GB |
Display / Auflösung | 6,62 Zoll AMOLED / 2.340 x 1.080 Pixel | 6,53 Zoll / 2.400 x 1.176 Pixeln | 6,53 Zoll / 2.400 x 1.176 Pixeln |
Hauptkameras | Triple-Kamera mit Super-Weitwinkel-Linse und 16 MP Auflösung bei f/2.2; 40 MP in der Weitwinkel-Linse und f/1.6 und OIS und 8 MP für das Teleobjektiv f/2.4 und OIS, Laser-Fokus | Triple-Kamera mit Ultra-Weitwinkel mit 40 MP bei f/1.6, Weitwinkel-Kamera mit 40 MP bei f/1.8, Teleobjektiv mit 8 MP bei f/2.4 und Bildstabilisator, 3D-Tiefensensor | Triple-Kamera mit Ultra-Weitwinkel mit 40 MP bei f/1.6, Weitwinkel-Kamera mit 40 MP bei f/1.8, Teleobjektiv mit 8 MP bei f/2.4 und Bildstabilisator, 3D-Tiefensensor |
Selfie-Kameras | 24 MP | Weitwinkel-Kamera mit 32 MP | Weitwinkel-Kamera mit 32 MP |
Konnektivität | WiFi 802.11 a/b/g(n/ac, Bluetooth 5.0, NFC, 4G, 5G | WiFi, Bluetooth, 4G, 5G (separates Modell) | WiFi 802.11 a/b/g(n/ac, Bluetooth 5.0, NFC, 4G, 5G |
Akku | 4.200 mAh mit 40 Watt Ladepower per Kabel und 27 Watt Ladepower kabellos | 4.200 mAh mit 40 Watt Ladepower per Kabel und 27 Watt Ladepower kabellos | 4.200 mAh mit 40 Watt Ladepower per Kabel und 27 Watt Ladepower kabellos |
Weitere Besonderheiten | Fingerabdrucksensor unter dem Display verbaut, 3,5-mm-Buchse, Wireless Reverse Charging ,IP53 | 3D Face Unlock, Fingerabdrucksensor unter dem Display verbaut, IP68, Wireless Reverse Charging | 3D Face Unlock, Fingerabdrucksensor unter dem Display verbaut, IP68, Wireless Reverse Charging |
Farben | Schwarz, Space Silver, Cosmic Purple, Emerald Green, Vegan Leather Orange, Vegan Leather Forest Green | Schwarz, Space Silver, Cosmic Purple, Emerald Green, Vegan Leather Orange, Vegan Leather Forest Green | Rot, Schwarz |
Startpreis (UVP) | 799 Euro | 1.099 Euro / 1.199 Euro (5G-Variante) | 2.095 Euro |
Mate 30 RS: Der Porsche unter den Smartphones
Die fünfjährige, fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Porsche Design und Huawei setzen beide Unternehmen fort. Das neue Porsche-Modell heißt Huawei Porsche Mate 30 RS. Es entzückt mit einem sportlichen Design und ruft dafür einen sportlichen Preis auf. Satte 2.095 Euro soll die exklusive Edition kosten.
Für diese Summe erhalten Käufer neben dem angepassten Gehäuse-Design und Bildschirmhintergründen satte 12 Gigabyte Arbeitsspeicher und 512 Gigabyte internen Speicher. Alle weiteren Spezifikationen sind identisch zum Pro-Modell.
Einschätzung: Wohin geht die Reise? Vorwärts!
Huawei zeigte sich in München selbstbewusst. Warum auch nicht? Die drei vorgestellten Modelle sind hardwareseitig mustergültige Beispiele für Oberklasse-Smartphones. Display, Kamera, Akkulaufzeit und Leistung sind bestens. Softwareseitig wird der Umstieg von Googles Android zur Free-Source-Alternative gewöhnungsbedürftig. Und da hängen die Fragezeichen.
Wie können wir gebräuchliche Apps nachinstallieren, wie schaut es mit dem Import des Google-Accounts und bestehender Services aus? Das hat Huawei erst einmal nicht beantwortet, dafür erst einmal ein eigenes Ökosystem gezeigt. Wie sich das im direkten Vergleich zu Google Android und iOS schlägt, lässt sich erst nach einem Test beantworten.
Ob und wann es die Geräte in Deutschland zu kaufen geben wird, verriet Huawei auf der Pressekonferenz noch nicht.
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Fantastische Zusammenfassung! Vielen Dank! Mal gespannt ob die nach Europa kommen …
Die Geräte scheinen wirklich der Hammer zu sein.
Mit dem Betriebssystem und der App-Verfügbarkeit bin ich etwas unsicher.
Ist hier zumindest die Möglichkeit .apk´s zu installieren? Oder geht dies nicht mit der OS-Version?
Wenn dies ginge, wärs mir fast egal was der eigene App-Store anbietet.
Hallo Niedi Steiner,
da es ein „echtes“ Android ist – aber eben nur AOSP – wird es sicherlich die Möglichkeit geben, APKs nachzuinstallieren, etwa über Sideload.
Das Problem liegt hierin, dass viele Apps auf die Google Services angewiesen sind. Und selbst die dürfen auf dem Huawei nicht ausgerollt werden, so der derzeitige Kenntnisstand. Vielleicht ändert sich dies noch und kommen die Akteure hinter den Kulissen auf eine Übereinkunft. Daumen drücken, wir freuen uns nämlich auf die Geräte!
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Wendorf