Ziel verfehlt: 2018 keine 50 Mbit/s für jeden Haushalt in Deutschland

Bis 2018 sollte jeder deutsche Haushalt einen Internetanschluss mit einer Bandbreite von 50 Mbit/s nutzen können. Das versprach der Bundestag 2014 in der Digitalen Agenda. Doch die Vorgabe wurde nicht erreicht. Wenig mehr als jeder Fünfte kann nur einen langsameren Zugang buchen.

Ziel verfehlt: 2018 keine 50 Mbit/s für jeden Haushalt in Deutschland
Stop-Schild (Bild: Unsplash/michaelmroczek)

6 Mbit/s im Download sind heute bloß Schmalband, doch viele nehmen es hin: Mieter, Vermieter, Politiker. In einer Wohnung, die bloß über einen Anschluss für Kaltwasser verfügt, würde keiner einziehen. Unzumutbar wäre das.

Nur 77 Prozent der Haushalte können 50 Mbit/s erhalten

Der Deutsche Bundestag hat bereits im Oktober 2014 auf Vorschlag der Regierungsparteien die Digitale Agenda beschlossen. Sie setzte unter anderem das Ziel, jeden Haushalt „bis 2018“ mit Breitband-Internet zu versorgen. Jeder sollte zuhause mit 50 Mbit/s Daten herunterladen können – ohne „bis zu“. Jetzt haben wir 2018. Das Ziel wurde verfehlt. Weit. Viel zu weit.

Die Bundesnetzagentur zeigt, dass sich der Breitbandausbau in Deutschland verlangsamt. Nur 77 Prozent der Haushalte konnten Mitte 2017 einen Internetanschluss mit 50 Mbit/s buchen (Screenshot vom Tätigkeitsbericht 2016-2017)
Die Bundesnetzagentur zeigt, dass sich der Breitbandausbau in Deutschland verlangsamt. Nur 77 Prozent der Haushalte konnten Mitte 2017 einen Internetanschluss mit 50 Mbit/s buchen (Screenshot vom Tätigkeitsbericht 2016-2017)

Auskunft gibt darüber die Bundesnetzagentur (BNetzA) in ihrem Tätigkeitsbericht für die Jahre 2016 und 2017. Sie hat ihn Anfang Dezember 2017 vorgelegt und nennt eine konkrete Zahl für Mitte 2017. Ein halbes Jahr vor Ablauf der Frist hätten 77 Prozent der Haushalte einen Anschluss mit mindestens 50 Mbit/s haben können. Die Entwicklung über die Jahre zeigt klar, dass die Zuwächse immer geringer wurden.

Großes Stadt-Land-Gefälle beim Breitband-Internet

Das hat mit dem Stadt-Land-Gefälle zu tun. Die unterversorgten Flecken liegen vor allem im ländlichen Bereich. Dort ist der Ausbau teuer, da die Kabel über größere Entfernungen verlegt werden müssen. Neben Geld kostet das auch Zeit. In den Städten, wo mit weniger Aufwand mehr Haushalte angeschlossen werden können, haben laut BNetzA 90 Prozent die Möglichkeit, einen Anschluss mit 50 Mbit/s zu bestellen. In halbstädtischen Gebieten sind es 68 Prozent, in ländlichen Regionen nur 36 Prozent.

Der Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums zeigt die mit 50-Mbit/s-Internetzugängen unterversorgten Gebiete (Screenshot von bmvi.de)
Der Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums zeigt die mit 50-Mbit/s-Internetzugängen unterversorgten Gebiete (Screenshot von bmvi.de)

Noch größer ist das Gefälle bei breitbandigen Internetanschlüssen mit bis zu 100 Mbit/s. Ende 2016 konnten 65 Prozent der Haushalte einen solchen Zugang buchen: 83 Prozent in der Stadt, 17 Prozent auf dem Land. Diese Zahlen erschrecken mich viel mehr, denn es lässt sich daraus ableiten, dass auf dem Land nicht nur später ausgebaut wird, sondern auch mit wenig Luft nach oben. Das könnte dazu führen, dass der Bagger bereits wieder anrücken muss, wenn das nächste Breitband-Ziel ausgerufen wird.

Die Breitbandtechniken im Überblick

Es gibt verschiedene Techniken, mit denen 50 Mbit/s zum Kunden gebracht werden. Sie unterscheiden sich nicht nur darin, wie sich das Internet bei euch zuhause anfühlt. Auch beim Ausbau unterscheiden sie sich und welches Potential sie danach bieten:

  • VDSL
  • TV-Kabel
  • Glasfaser
  • LTE

VDSL mit Vectoring und TV-Kabel

VDSL nutzt die alten Kupferleitungen, über die vor zwanzig Jahren fast ausschließlich telefoniert wurde. Der Vorteil: Fast jede Wohnung verfügt bereits über eine solche Teilnehmeranschlussleitung (TAL). Der Nachteil: Die Kupferleitungen wurden nicht für hohe Datenübertragungen geschaffen. Neue Techniken wie Vectoring und G.fast schaffen zwar auch das, doch der Preis ist hoch. Die Datenraten nehmen mit der Länge des Kabels stark ab.

Daher müssen die Kabelverzweiger (genauer: Outdoor-DSLAMs) immer näher an den Häusern aufgestellt und selbst mit Glasfaser angeschlossen werden. Was sich zuerst nach wenig Buddelei anhörte, ist also doch mit größeren Tiefbauarbeiten verbunden.

Solche Kabelverzweiger (eigentlich Outdoor-DSLAM) tauchen immer mehr in den Straßen der Städte auf, aber weniger auf dem Land. Sie werden per Glasfaser angeschlossen (Bild: Telekom)
Solche Kabelverzweiger (eigentlich Outdoor-DSLAM) tauchen immer mehr in den Straßen der Städte auf, aber weniger auf dem Land. Sie werden per Glasfaser angeschlossen (Bild: Telekom)

Auch das Koaxialkabel, das Kabel-TV in viele Haushalte bringt, wurde nicht für die Datenübertragung geschaffen. Die anfänglichen technischen Probleme sind mittlerweile überwunden. Der Internetanschluss über Kabel wird daher immer beliebter. Wer Angebote für seine Wohnung vergleicht, wird oft feststellen, dass das TV-Kabel sogar höhere Downloadgeschwindigkeiten bietet.

Doch auch hier gibt es ein Stadt-Land-Gefälle. Kabel ist eine verbreitete Technik in der Stadt. Auf dem Land schauen viele über Satellit fern. Ob nun erstmals ein Koaxialkabel oder eine Glasfaser verlegt wird – dem Tiefbauer ist es egal.

LTE mitgerechnet, aber nicht vergleichbar

Die Mobilfunktechnik LTE wird nur dort eingesetzt, wo nichts mehr geht – wo also kein Kabel verlegt werden kann oder es einfach zu teuer wäre. Der Empfang ist räumlich beschränkt – auf den Wohnort oder genauer: auf bestimmte Funkzellen. Auch die Tarife unterscheiden sich: Es gibt mehr Datenvolumen als in einem normalen LTE-Tarif, auch zu einem akzeptablen Preis, aber keine echte Flatrate.

LTE-Basisstationen stehen auf dem Land manchmal ziemlich einsam herum, versorgen aber ein ziemlich großes Gebiet mit schnellem Internet (Bild: Telekom)
LTE-Basisstationen stehen auf dem Land manchmal ziemlich einsam herum, versorgen aber ein ziemlich großes Gebiet mit schnellem Internet (Bild: Telekom)

Der Tarif Telekom Call & Surf via Funk beispielsweise bietet 15 GB mit bis zu 50 Mit/s für monatlich 49,95 Euro. Damit lässt sich nicht den ganzen Tag Netflix schauen. Die Bundesregierung möchte nun, dass die Nachfolgetechnik 5G früher kommt. Aber als ob das so einfach wäre oder die grundsätzlichen Probleme beim Verlegen der – auch für Mobilfunkmasten notwendigen – Leitungen lösen würde!

Das Problem mit der Glasfaser

Last, but not least: die Glasfaser. Darüber können mehr Daten übertragen werden als über Kupferkabel und das auch noch über längere Strecken. Doch in Deutschland gibt es nur 2,7 Millionen FTTB- oder FTTH-Anschlüsse. Im ersten Fall wird das Glasfaser bis ins Haus gelegt (meist in den Keller), im zweiten bis in die Wohnung. Damit habt ihr es selbst in der Hand, wie gut das Internet in jede Ecke eurer Wohnung genutzt werden kann.

Beim Microtrenching lässt sich Glasfaser mit weniger Aufwand verlegen (Bild: buglas)
Beim Microtrenching lässt sich Glasfaser mit weniger Aufwand verlegen (Bild: buglas)

Doch das Verlegen der Glasfaser ist teuer. Daher gibt es auch hier ein Stadt-Land-Gefälle. Seit Ausrufen der ehrgeizigen Ziele durch die Bundesregierung werden neue Techniken ausprobiert: Da wird die Glasfaser per Micro- oder Minitrenching mit geringem Aufwand in geringer Tiefe verlegt. Es sind vor allem die Kommunen, die solche Techniken fördern, um die Attraktivität ihrer Wohngebiete zu erhalten.

Gigabit für jeden bis 2025

Glasfaser wird aber auch in vorhandenen Abwasserrohren verlegt oder oberirdisch auf Masten. Am einfachsten ist es in Neubaugebieten. Dort werden meist Leerrohre verlegt, in denen nicht nur die Glasfaser geschützt liegt, sondern auch in Zukunft neue Leitungen gezogen werden können.

Zusätzlich wurden die Genehmigungsverfahren zum Beispiel bei der Querung von Bahntrassen beschleunigt. Doch es gibt viele rechtliche Aspekte, die zu beachten sind. Schließlich sind viele Institutionen daran beteiligt: Bund, Länder und Kommunen.

Doch allen Bemühungen zum Trotz: Die 2014 gesteckten Ziele wurden eindeutig verfehlt. Ein Internetanschluss mit 50 Mbit/s kann in der Stadt fast jeder buchen, auf dem Land aber nicht. Und daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Das neue Ziel lautet übrigens: Gigabit für jeden bis 2025. Aber wer seine Hoffnung darauf setzt, glaubt wohl auch noch an das Sandmännchen.

Aber damit nicht genug: Die Zugangstechnik kann ein Grund sein, warum euer Internet so langsam ist. Es gibt noch viel mehr Ursachen, die meisten liegen bei euch im Haus.

Beitragsbild: Unsplash/michaelmroczek

Neue Beiträge abonnieren!

Täglich frisch um 17 Uhr im Postfach

Themenauswahl

Änderungen jederzeit über die Abo-Verwaltung möglich – weitere Themen verfügbar

Jetzt kommentieren!

Schreibe einen Kommentar

*
*
Bitte nimm Kenntnis von unseren Datenschutzhinweisen.