Meinung: Evolution ist wichtiger als Revolution

Wer immer nur auf Revolutionen in der Technik wartet, verpasst das Beste, meint Trendblogger Jürgen Vielmeier.

Meinung: Evolution ist wichtiger als Revolution
Roborock Zaros S70 (Bild: Roborock)

Als Carl Benz 1886 einen dreirädrigen Motorwagen mit Verbrennungsmotor zum Patent anmeldete, war das natürlich eine Revolution!

War es?

Denn heute ist umstritten, was denn nun eigentlich wirklich das erste Automobil der Geschichte war. Das Hippomobile des Franzosen Etienne Lenoir war Benz‘ Motorwagen Nummer 1 recht ähnlich – und rollte schon 1860 über die ersten Feldwege. Benz‘ Erfindung – also „nur“ eine Evolution, keine Revolution?

Und selbst wenn. Jedem ist Carl Benz heute genauso ein Begriff wie Henry Ford, der die industrielle Massenproduktion revolutionierte und mit der Model T ein sehr leicht zu reparierendes Automobil auf den Markt brachte. Ein Meilenstein – und wieder „nur“ eine Evolution, ähnlich wie später der VW Käfer, der Toyota Corolla – oder der Tesla Roadster.

Benz Motorwagen Nummer 1 Migl
Nachbildung des Benz Motorwagens Nummer 1 im Mercedes-Benz-Museum. Evolution sorgte später dafür, dass das Automobil um Dach, Windschutzscheibe, Türen, Pneus… erweitert wurde. (Bild: Alexander Migl unter CC-Lizenz BY-SA 4.0)

Selbst wenn es das erste Automobil war: Heute käme niemand mehr auf die Idee, mit Benz‘ Motorwagen Nummer 1 oder der Model T über Land zu cruisen (auch wenn das für ein historisches Experiment mal ganz aufschlussreich wäre). Und doch suchen wir in technischen Produkten immer nach Revolutionen. Und nehmen durch langsame Evolution zu wenig wahr, was sich alles verbessert.

Staubsauger-Roboter: Stark erst durch Evolution

Ähnlich ging es mir selbst, als ich vor Jahren meinen ersten Staubsaugerroboter testete. Der konnte nur Freiflächen saugen, und das noch nicht einmal besonders gut. Über Kabel und in Ecken saugen würden die nie können, dachte ich mir und hakte die Entwicklung ein Stück weit ab. Freiflächen absaugen, das könnte ich auch gerade noch selbst mit einem Handstaubsauger. Also wozu sollte ich jemals einen Staubsauger-Roboter brauchen?

Eben weil die Hersteller es nicht dabei beließen, sondern die Geräte immer weiter entwickelten und neue Funktionen in Staubsauger-Roboter einbauten, z.B.:

  • Lidar-Scan, um die Umgebung besser abzuscannen
  • Wisch-Funktionen mit rotierenden Scheiben
  • KI für eine viel genauere Objekt-Erkennung
  • Hebe-Technik, um Bodenschwellen zu meistern oder über Kabel zu klettern
  • Selbstreinigungsfunktion

Heute sind die Geräte fast so weit entwickelt, dass sie einen Stielsauger ersetzen könnten.

Shark Powerdetect NeverTouch Pro Test ueberfaehrt Kabel
Evolution! Moderne Staubsauger-Roboter können endlich über Kabel klettern.

Als ich zuletzt den Shark Saugwisch-Roboter PowerDetect NeverTouch Pro testete, war ich in der Tat beeindruckt. Denn anders als Saugroboter vor vielen Jahren macht der Shark vor keiner Ecke halt, klettert selbst über Kabel und Bodenschwellen, verheddert sich nicht in Schnürsenkeln, kann seine Wischer ausfahren, um damit auch in die Ecken zu kommen. Er ist ohne nennenswerten Aufwand direkt mit dem Smartphone verbunden und reinigt sich am Schluss selbst. Du musst fast nie Hand an ihn anlegen. Und dabei ist er noch nicht einmal ein Highendmodell der Staubsauger-Roboter-Klasse.

Und, ach, es geht noch weiter. Die neueste Generation Staubsaugerroboter reinigt sich selbst mit Heißwasser, ist flach genug, um unter Ikea-Möbel durchzufahren – oder bringt einen Roboterarm mit, der bei Bedarf ausfahren und im Weg herumliegende Gegenstände wegräumen kann. Ja, richtig gelesen. Das kann etwa der bereits vorgestellte Roborock Saros Z70. Und angesichts des Konkurrenzdrucks in der Branche ist damit zu rechnen, dass andere Hersteller in den nächsten Jahren mit ähnlicher Technik nachziehen.

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Ist das nun eine Evolution, weil eine wichtige Weiterentwicklung von Staubsauger-Robotern, oder eine Revolution, weil der erste Staubsauger-Roboter mit einem Roboter-Arm? Und ist die Frage überhaupt wichtig?

Denn festhalten lässt sich: Robotersauger von heute haben mit denen vor zehn oder fünfzehn Jahren nicht mehr viel zu tun. Als wären sie fast ein anderes technisches Gerät.

Und wenn wir ehrlich sind, trifft das doch auf viele Geräte zu, von denen wir ein frühes Modell hatten und dann dachten: ist nichts, wird nie was.

Wurde dann aber doch was. Ähnlich wie:

  • Ein Elektroauto vor zehn Jahren, das nur eine Reichweite von 150 km schaffte. Die durchschnittliche Reichweite heutiger E-Autos liegt laut ADAC bei über 400km.
  • Fernseher: Noch gar nicht so lange her, da brauchten Flachbildfernseher gerne mal 1 Minute, um hochzufahren. Jetzige Geräte sind oft in wenigen Augenblicken bereit, mein Samsung The Frame von 2023 etwa ist es.
  • Frühe Küchenmaschinen kapitulierten vor harten Lebensmitteln, waren schwach motorisiert, äußerst schwer zu reinigen oder kamen mit zu kleinen Rührschüsseln daher. Heutige Highend-Geräte wie die Kenwood KCL95 Cooking Chef XL haben 1,5 KW Leistung, viele spülmaschinengeeignete Teile, eine riesige Rührschüssel, Spitzschutz…
  • Smartphones könnten nachts keine guten Bilder machen, sagte erst neulich noch eine Bekannte zu mir. Ihr Phone war allerdings auch schon über fünf Jahre alt. Heutige Smartphones der Mittel- und Oberklasse haben das Dunkel im Laufe der Zeit immer weiter abgeschafft. Entwicklung findet also auch noch da statt, wo wir es manchmal nicht auf den ersten Blick sehen oder vermuten würden.

Also, klare Sache: Die Entwicklung geht immer weiter, auch wenn eine gewünschte Revolution ausbleibt. Wir sollten jedes Mal genau hinschauen und unser Wissen regelmäßig anpassen. Denn die Geräte werden Jahr für Jahr immer besser, und die Hersteller beseitigen frühere Probleme. Ein Hoch auf die Evolution!

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