Raytracing: Die Grafikrevolution verständlich erklärt

Die Grafik-Routine Raytracing verspricht realistischere, immersivere Spielewelten. Wir erklären euch, was es damit auf sich hat und wie ihr in den Genuss der Technik kommt.

Raytracing: Die Grafikrevolution verständlich erklärt

Der Begriff Raytracing kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt »Strahlenverfolgung«. Entgegen der Wahrnehmung ist dieses bilderzeugende Verfahren nicht neu. Special-Effects-Firmen wie Industrial Light & Magic (Star Wars) nutzen es seit Jahrzehnten. In Hollywood stellt es aber nur eines von vielen Render-Verfahren dar, mit denen 3D-Künstler auf dem Computer fantastische Welten zaubern. Wir erklären euch alles zu Raytracing, was ihr wissen müsst:

Was ist Raytracing?

Zuletzt prominent eingesetzt wurde Raytracing in „The Mandalorian“ auf Disney+ – mit tatkräftiger Unterstützung von Epic Games‘ Unreal Engine. Ohne Raytracing wären diese Abenteuer optisch fader:

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Raytracing berechnet in diesem komplexen Vorgang indirektes, über Ecken reflektiertes Licht. Grafik soll das besonders realistisch wirken: Metallobjekte glänzen, Fell sieht wuschig aus, Gras wiegt sich im Wind.

Raytracing kann ferner die Lichtbrechung in halbtransparenten Oberflächen und Objekten physikalisch korrekt ausführen und harte wie weiche Schatten zeichnen. All dies gelang Entwicklern bisher mit diversen Tricks. Physikalisch korrekt – und damit glaubwürdig – waren die nicht.

Warum ist Raytracing so rechenaufwendig?

Raytracing ist also ein alter Hut. Warum dauerte es bis 2018, ehe mit Nvidia ein erster Grafikkarten-Hersteller die Technologie für Privatanwender auf den Markt brachte?

Ein Grund ist die Bequemlichkeit etablierter Grafik-Berechnung. Games nutzen im Wesentlichen die Rasterisierung, um 3D-Modelle zu einem 2D-Bild zusammenzuführen. Von eurer Perspektive aus prüft die Grafikroutine, welche Objekte für euch zu sehen sind. Sie sortiert diese dann der Tiefe nach, versieht sie mit Texturen und Oberflächeneigenschaften via Shader. Die 3D-Engine stellt nur dar, was auch innerhalb des ermittelten Ausschnitts liegt.

Links im Bild die schematische Darstellung, wenn sich die obere in der unteren Kugel spiegelt und diese Reflexion auf perspektivisch korrekt kalkuliert ist. Rechts die dazugehörige Berechnung. Für einen einzelnen Bildpunkt! (Bild: Nikolaus Leopold / Wikimedia)

Beim Raytracing kommen Objekte hinzu, die verdeckt sind oder hinter eurem Spieleavatar liegen. Dieses Render-Verfahren verfolgt neben den sichtbaren Szeneobjekten im Blickfeld all jene 3D-Modelle, die sich in Oberflächen spiegeln. Am Beispiel der Raytracing-Demo von Quake II RTX (hier zum kostenfreien Download verfügbar) demonstriert:

Die kostenfreie Raytracing-Demo zu Quake 2 zeigt, dass selbst alte Spiele vom Upgrade profitieren. (Footage: Trendblog mit Material von id Software und Bethesda)

Raytracing frisst erheblich mehr Leistung als die standardisierte 3D-Rasterisierung. Weil 3D-Grafikkarten mit ihren Kernen Spezialisten sind, müssen eben solche Profis ans Werk. Die Raytracing-Cores der Nvidia- und ATI-Modelle mit den Bezeichnungen RTX bzw. RX sind nur dafür entwickelt und abgestellt.

Ein aktives Raytracing drückt die Performance. In Minecraft erzielten wir mit unserem Testsystem nur ungefähr die Hälfte der üblicherweise zu erwartenden Frameraten. In Quake 2 RTX war es eine Qual, das Spiel überhaupt ruckelfrei zu genießen. Um die Rechenlast zu mindern, wichen wir auf eine dynamische Auflösung aus – was wiederum ein Thema für einen eigenen Trendblog-Artikel wäre.

Sind alle künftigen Spiele kompatibel zu Raytracing?

Ob ein Studio Raytracing einsetzt oder nicht, ist einerseits eine stilistische Entscheidung. Nicht jeder Artstyle profitiert davon. Auffällig ist, dass vor allem die großen Studios ihre AAA-Titel damit veredeln. Battlefield 5 und Metro Exodus gehörten zu den ersten richtigen Raytracing-Games.

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Fällt die Entscheidung für diese Technologie, muss sie die zugrunde liegende Grafikengine auch unterstützen. Um die Verwirrung komplett zu machen: Nvidia spricht marketingtechnisch von RTX und meint damit Windows‘ DXR-Support, der bei DirectX 12 einklinkt. Diese kann auch Konkurrent AMD in dessen Radeon-Karten nutzen.

Vulkan vs. RTX

Daneben gibt es mit Vulkan von AMD eine weitere Schnittstelle, die das Konsortium Khronos vorantreibt. In diesen OpenGL-Nachfolger können Hard- und Softwarehersteller eigene Erweiterungen einbinden, um exklusive Grafik-Features einzubauen.

Wovon Nvidia in Wolfenstein: Young Blood und Quake 2 RTX Gebrauch macht. Wolfenstein mit Raytracing auf einer AMD-Grafikkarte zu genießen, bleibt ein Wunsch vieler Fans. Diese müssen sich gedulden und darauf hoffen, dass Engine-Hersteller id Software einen Patch nachliefert.

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Das oben gezeigte Quake 2 RTX läuft trotz Nvidia-Entwicklung auch unter Vulkan auf ATI-Grafikkarten. Allerdings ohne entlastende dynamische Auflösung DLSS, die Nvidia für sich behält. AMD ist also im Nachteil. Noch.

Eine fortlaufend aktualisierte Liste der Raytracing-Titel bieten die Kollegen vom PC Magazin an.

PlayStation 5 und Xbox Series S|X etablieren Raytracing

Während Nvidia bei PC-Grafikkarten führend ist und deshalb RTX als Quasi-Standard das Maß aller Dinge ist, hat AMD das eigene Fundament im lukrativen Konsolenmarkt. Die neue PlayStation 5 und Xbox Series S|X sind via AMD-Grafikchip und Vulkan-Schnittstelle bereit für echtes Raytracing. Das demonstrierte Sony auf der PS5 im Launch-Titel Godfall und setzt es prominent im Fahrsimulator Gran Turismo 7 ein.

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Auf Xbox Series sind Gears 5, Forza Motorsport (2021) und Halo Infinite die Aushängeschilder der Raytracing-Zukunft. Auf beiden Konsolen sind Devil May Cry 5: Special Edition, Ride 4, Call of Duty: Black Ops Cold War und Watch Dogs: Legion bereits verfügbar. Kauft ihr eine aktuelle Spielekonsole, ist die „Strahlenverfolgung“ also bereits inklusive und je nach Titel verfügbar.

Auf PC sind die GeForce-Karten mit dem RTX-Kürzel voran kompatibel. Konkurrent AMD bietet seine Radeon-Karten mit dem Kürzel RX an. Besitzt euer Standrechner oder Laptop die entsprechende GPU, könnt ihr Raytracing aktivieren.

Ist Raytracing für mehr als nur Spiele sinnvoll?

Games hier, Games da – keine Frage, Spieler lechzen nach neuen Grafik-Technologien. Dass wir also viel darüber reden, ist demnach nur logisch. Dennoch ist Raytracing für andere Kreativbereiche ein Gewinn. In Film und Serie – wie schon erwähnt. Und in der Architektur wie auch in der Kataloggestaltung.

Städteplaner und Hausgestalter, Designer und Ingenieure können dank Raytracing in der Render-Pipeline eine nahezu fotorealistische Vorschau generieren.

Möbelriese IKEA greift ebenfalls in die CGI-Trickkiste und erstellte seit 2005 mehr und mehr digitale Katalog-Wohnräume. Schließlich ist allein die Logistik eines Foto-Shootings mit Billy und Co. ein Albtraum. Immerhin sind die Menschen im Katalog real. Anders als bei H&M. Das Bekleidungsunternehmen packte bereits 2011 die Gesichter echter Models auf digital erstellte Körper.

Neben vielen Shadern kommt auch Raytracing zum Einsatz, um die Produktfotos auf Hochglanz zu polieren. Ohne diese Grafikroutine würden die Körper künstlich aussehen. Und Möbel keine physikalisch korrekten Schatten werfen.

Fake? Echt? Ikeas Produktfotos sind mal das eine, mal das andere – und oft auch ein wilder Collagen-Mix. (Material: IKEA.de)

Raytracing erleichtert Kreativschaffenden ihre Arbeit und zieht Gamer noch tiefer in künstliche Welten. Sie ist eine Gegenwartstechnologie, die in Zukunft nicht mehr wegzudenken ist.

(Aufmacher: Nvidia)

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