Zu Beginn der Saison hatte ich die Cologne Centurions einfach mal zu meinem Lieblingsteam erklärt. Mit einem Lieblingsteam im Rücken verfolgt sich so eine Saison einfach besser – selbst wenn die Mannschaft verliert.
Und das taten die Centurions in dieser noch jungen ELF-Saison 2025 gleich zweimal – und zwar deutlich. Im ersten Spiel setzte es eine 14:63-Watsch’n bei den als eigentlich nicht übermächtig eingeschätzten Berlin Thunder. Gut, das musste noch nichts heißen. Und positiv ist anzumerken, dass das Team nach einem 7:39-Rückstand zur Halbzeit auch in den letzten beiden Vierteln nicht völlig auseinander brach, sondern weiterkämpfte und immerhin zu noch einem Touchdown kam.

Aber in der zweiten Runde spielfrei, kam es dann in der 3. Spielrunde noch dicker: 0-68 vor heimischer Kulisse gegen die Raiders Tirol. Kein Touchdown, kein einziger Punktgewinn. Hier müssen selbst Optimisten das Wort „Blamage“ in den Mund nehmen.
Dabei sah es für die Centurions in der ELF in den ersten Jahren zunächst so aus, als würde das richtig gut passen. Gleich als Gründungsmitglied in der ersten ELF-Saison 2021 dabei, erreichten die Kölner das Halbfinale, wo dann erst gegen Frankfurt Galaxy Schluss war. Die Saisons 2022, 2023 und auch 2024 landete das Team, das zumeist im Kölner Südstation spielt, im Mittelfeld. Besonders in der vergangenen Saison begeisterte Köln, etwa beim 35:28 am 8. Spieltag gegen Frankfurt – was als eins der spannendsten ELF-Spiele aller Zeiten in die Geschichte einging:
Außer 2021 ohne echte Play-off-Chancen, aber auch vom Tabellenende immer weit entfernt. Nun aber riecht es nach einer ganz schweren Saison.
Davon zeugen nicht nur die beiden klaren Schlappen in den ersten zwei Spielen. Darauf deuten auch die sehr unglückliche Vorbereitung auf die Saison 2025 hin. Nach der durchaus nicht schlechten Vorsaison 2024 mit 6 Siegen und 6 Niederlagen und Defensivspezialist William Lydle, der später von der ELF zum sechstbesten Spieler der Saison gekürt wurde.
Wo Zweifel angebracht sind
Lydle wechselte allerdings zur neuen Spielzeit zum direkten Konkurrenten Berlin Thunder, Quarterback Isaiah Weed zog es zu den Helvetic Mercenaries, und auch Wide Receiver Carlos Hill verließ das Team. Mit ihnen fand ein großer Umbruch statt, den Köln unter anderem mit Eigengewächsen zu kompensieren versuchte. Das gelang nicht ganz geräuscharm. Einige Spieler wurden kurz vor dem ersten Spiel noch aus unteren Ligen dazugeholt.
Was den Centurions aber eine unglaublich schwere Bürde auferlegte: Die überraschende Trennung wenige Tage vor dem ersten Spiel vom neu verpflichteten, erfahrenen Quarterback Jeremy Moussa wegen interner Differenzen. Schnell mussten die Centurions Ersatz suchen und fanden ihn in Keegan Mccormack-Reamer bei den Münster Blackhawks in der Regionalliga – einen Tag vor dem ersten Spiel gegen Berlin. Und sicher war der 27-Jährige, der College-Erfahrung besitzt, zu stark für die vierthöchste Spielklasse. Aber vor allem die kurze Eingewöhnungszeit machen ihm und dem Team seitdem zu schaffen.
Was Hoffnung macht
Hoffnung macht vor allem der Trainer: Javan Lenhardt betreute Köln bereits in den Jahren 2021 und 2022 als Defensive Coordinator, welchselte 2023 zu Frankfurt Galaxy und kehrt nun als neuer Head Coach zurück. Er kennt die Strukturen vor Ort, er kennt noch viele Akteure. Centurions-Spieler Malte Trübenbach lobt den Trainer in einer Folge des übrigens sehr hörenswerten Podcasts Blind Side Guys für seine Halbzeitansprache im ersten Spiel in Berlin.
Noch hat Köln nicht gerade viele Topspieler der Liga in den eigenen Reihen, aber nach nur drei Spielrunden gehört Austin Osborne als sechstbester Receiver dazu.
Hoffnungsvolle Neuverpflichtungen sind auch die beiden Defensivspieler Alex Alteus und Jai-Albert Jackson. Unter anderem mit Jens Appelt, Efekan Akgün und Richard Grooten hat Köln außerdem erfahrene ELF-Spieler in den eigenen Reihen.
Und dann wäre da noch die Konkurrenz, bei der auch nicht alles glücklich läuft: die Fehervar Enthroners starten gleich mit drei deutlichen Niederlagen in die Saison. Die Helvetic Mercenaries kassierten ebenfalls drei, wenn auch nicht ganz so hohe Niederlagen. Das Problem nur: Gegen die spielt Köln überhaupt nicht, weil die drei Teams jeweils in anderen Divisions unterwegs sind und im Modus der ELF nicht jeder gegen jeden spielt.
Die Kollegen Nick Alfieri and Matt Bressington haben für die ELF die Centurions im Franchise Check vor der Saison unter die Lupe genommen und getippt, dass sie kein einziges Spiel gewinnen werden. Und da war der hoffnungsvolle, designierte Quarterback Jeremy Moussa sogar noch an Bord:
Klar ist daher schon: Zu den Play-off-Kandidaten können die Cologne Centurions in dieser Saison nicht zählen, um es mal positiv auszudrücken. Sie müssen mit jedem Sieg zufrieden sein, und auch das wird schwer genug.
Vielleicht macht deswegen eine Binsenweisheit ein wenig Hoffnung: Die Centurions können noch ein paarmal hoch verlieren, aber schlechter als bisher kann es eigentlich nicht mehr werden. Vielleicht ist sogar noch die eine oder andere Überraschung drin, sobald sich das Team gefunden hat.
Und absteigen kann aus der ELF niemand. Von daher gräme ich mich nicht, wenn „mein“ Team jetzt mehr Niederlagen als Siege einfährt. Ich habe es immer schon mit den Underdogs gehalten.
So verlief der 3. Spieltag
Wie schon erwähnt, kamen die Cologne Centurions mit 0-68 gegen die Raiders Tirol unter die Räder. Auch den Fehervar Enthroners gelang gegen die Prague Lions kein Punktgewinn (0-40). Und gleich noch ein drittes Zu-Null-Spiel bietet der 3. Spieltag: Das 35-0 der Nordic Storm gegen Berlin Thunder.
Trotz ihrer dritten Niederlage in Folge, diesmal gegen Madrid (35-47) präsentierten sich die Helvetic Mercenaries deutlich verbessert im Vergleich zu den ersten Spielen. Überraschend nach ihren soliden ersten beiden Begegnungen: das unerwartet hohe 14-53 der Hamburg Sea Devils gegen die immer stärker werdenden Stuttgart Surge. Frankfurt tut sich derweil wie erwartet schwer gegen Paris, gewinnt dann aber knapp mit 29-27.
Wie schon in der Vorsaison verliert der amtierende Meister Düsseldorf Rhein Fire das Spiel in der Regular Season gegen den Erzrivalen Vienna Vikings (7-12). Dass man das gleichlautende Championship Game 2024 später deutlich gewann, könnte für Düsseldorf ein kleiner Trost sein. Wien holt sich damit den dritten Sieg im dritten Spiel, ebenso wie der stark gestartete Neuling Nordic Storm.
Das erwartet uns am 4. Spieltag
Datum | Away | Home |
---|---|---|
07.06.25 | Berlin Thunder | Hamburg Sea Devils |
07.06.25 | Raiders Tirol | Vienna Vikings |
07.06.25 | Madrid Bravos | Fehervar Enthroners |
08.06.25 | Prague Lions | Wroclaw Panthers |
08.06.25 | Paris Musketeers | Rhein Fire |
08.06.25 | Cologne Centurions | Frankfurt Galaxy |
08.06.25 | Munich Ravens | Stuttgart Surge |
Bisher sind die Vienna Vikings beinahe problemlos durch die Saison marschiert. Dass ihnen das im Austria-Duell am 4. ELF-Spieltag gegen die Raiders Tirol auch so einfach gelingt, darf bezweifelt werden. Zwischen den beiden stark gestarteten Stuttgart Surge und Munich Ravens kommt es schon zu einer Art Duell der Geheimfavoriten.
Meister Rhein Fire muss nach der Niederlage gegen Wien aufpassen, gegen die unangenehm zu spielenden Musketeers nicht auch noch zu verlieren. Dann würde ihnen eine sehr zähe Saison drohen. Nach dem Rückschlag gegen Stuttgart wollen die Hamburg Sea Devils sich gegen Berlin Thunder unbedingt rehabilitieren.
Und für die hier vorgestellten Cologne Centurions wird es bei Frankfurt Galaxy natürlich auch alles andere als einfach. Vielleicht muss man mit kleinen Erfolgen erst einmal zufrieden sein: eine nicht zu hohe Niederlage und mindestens zwei Touchdowns, und ich würde zumindest wieder etwas Hoffnung schöpfen.
Wer hat die besten Angebote am 4. Spieltag?
