Lomo’Instant Automat ausprobiert: Sofortbildkamera oder kunstvolles Kreativwerkzeug?

Die Lomografie ist ein spannendes Feld, bei dem ihr euch beim Fotografieren kreativ entfalten dürft. Und das Resultat haltet ihr im besten Fall kurze Zeit später in euren Händen. Ein wunderbares Werkzeug stellt die Lomo’Instant Automat dar. Die Sofortbildkamera ist nicht günstig, hat aber echt was auf dem Kasten.

Lomo’Instant Automat ausprobiert: Sofortbildkamera oder kunstvolles Kreativwerkzeug?

Den Begriff Lomografie haben wir zum einen der russischen Kleinbildkamera Lomo LC-A und vor allem der Lomographic Society International sowie dem Unternehmen Lomography zu verdanken. Dieses stellt unverändert Kameras basierend auf dem sowjetischen Vorbild der 1980er Jahre her und fördert das Bewusstsein für analoge, kunstvolle Fotografie, bei der Einfallsreichtum, Spaß und Spontanität im Vordergrund stehen. Das Kernelement ist stets die Kamera, in meinem Fall die Lomo’Instant Automat. Diese stand mir für einen ausführlichen Test zur Verfügung. Doch was bietet diese überhaupt für die nicht gerade günstigen 180 Euro?

Schon das Auspacken macht Spaß. (Foto: Sven Wernicke)
Schon das Auspacken macht Spaß. (Foto: Sven Wernicke)

Das bietet die Lomo’Instant Automat

Über 900.000 US-Dollar nahmen die Verantwortlichen vor einigen Monaten bei Kickstarter ein, verkauft wird die Kamera jetzt offiziell. Zum Beispiel beim Hersteller. In der wirklich hübschen Verpackung finden sich allerlei Erweiterungen, genauer Linsen für Weitwinkel- und Nahaufnahmen, ein Fisheye-Objektivaufsatz, farbige Filter, ein Fernauslöser und etwas Kleinkram. Die Klebepunkte, Fotorahmen und Magnetsticker braucht eigentlich niemand zwingend. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, hätten die Verantwortlichen dafür Batterien (nötig sind 2x CR2 und 1x CR1632 für den Fernauslöser) oder einen Film beigelegt. Beides muss allerdings separat erworben werden.

Viele Linsen und Zubehör. (Foto: Sven Wernicke)
Viele Linsen und Zubehör. (Foto: Sven Wernicke)

Bei der Kamera selbst handelt es sich um eine Sofortbildkamera, ähnlich der guten, alten Polaroid oder den FujiFilm-Neuauflagen. Auffällig dagegen sind die doch relativ kompakten Maße. Für die Hosentasche ist die Lomo’Instant Automat zwar nicht geeignet, für die Handtasche oder den Rucksack durchaus. Ein wenig Angst ist wiederum angebracht, denn sie besteht komplett aus einem immerhin robusten Plastik. Standardmäßig erhaltet ihr eine F/8, f/22 Blende, einen eingebauten Blitz und eine wirklich simple Bedienung. Film einlegen, Motiv auswählen, knipsen, Foto nach ein paar Minuten bestauen. Oder enttäuscht sein. Das kommt einerseits auf euren Anspruch, andererseits auf euren Einfallsreichtum an. Und genau hier wird es interessant…

Nostalgische Optik. (Foto: Sven Wernicke)
Nostalgische Optik. (Foto: Sven Wernicke)

(Teures) Probieren

Von Haus aus verfügt die Lomo’Instant Automat über eine Automatik-Funktion, die euch das Auswählen der Belichtungszeit und das Aktivieren des Blitzes abnimmt. Das macht das Fotografieren gerade für Einsteiger zu einem Kinderspiel. Und da das Bild gleich „ausgedruckt“ wird, ist im besten Fall das schnelle Erfolgserlebnis vorprogrammiert. Die Einzigartigkeit der Lomografie ist es, die Möglichkeiten besser und intensiver auszuschöpfen, als einfach nur einen Schnappschuss zu…schießen. Und hier bietet die Kamera erstaunlich viel Spielraum zum Experimentieren.

Hier im Bild: Fisheye-Objektivaufsatz. (Foto: Sven Wernicke)
Hier im Bild: Fisheye-Objektivaufsatz. (Foto: Sven Wernicke)

Nutzt Farbfilter, die ihr über das Blitzlicht legt. Diese ändern gravierend die Kolorierungen – logo. Genauso besitzen besagte Objektivaufsätze ihre Vorzüge und Nachteile. Scharfe Nahaufnahmen und Panorama-Bilder ohne Rand-Darstellungen hab ich zwar nicht hinbekommen, trotzdem hinterlassen meine Werke einen ziemlich coolen Eindruck. Der Fisheye-Effekt kommt für meinen Geschmack nicht perfekt zur Geltung, ist aber in dieser Form auch amüsant. Und da ist noch der sogenannte Splitzer. Mit diesem teilt ihr Bilder in zahlreiche Abschnitte, die ihr unterschiedlich „belegen“ könnt – durch eine beliebig häufige Belichtung. Zwei Scheiben schiebt ihr in die gewünschte Position und drückt dann den Auslöseknopf. Was dabei rauskommt? Nicht selten eine Überraschung.

Diese Filme werden benötigt. Leider recht teuer. (Foto: Sven Wernicke)
Diese Filme werden benötigt. Leider recht teuer. (Foto: Sven Wernicke)

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass ihr im optionalen Bulb-Modus Langzeitbelichtungen mit 30 Sekunden (und mehr) starten dürft. Korrigiert das Licht, belichtet Motive „unendlich“ oft und versucht euch an Selfies dank Mini-Spiegel und Fernauslöser. Am Objektiv befindet sich ferner ein Drehrad zum Auswählen des gerade favorisierten Fokus (0,6m, 1-2m, unendlich).

Viel Flexiblität. (Foto: Sven Wernicke)
Viel Flexiblität. (Foto: Sven Wernicke)

Ihr merkt es vielleicht: Das alles und auf gewünschte Art kombiniert ergibt eine erstaunliche Flexibilität, die zum Ausprobieren einlädt. Nur genau das wird auf Dauer doch recht teuer. Schließlich werden die Fotos (leider) nicht digital gespeichert, sondern auf Fujifilm Instax Mini Film verewigt. Und das kostet. Ein Foto im Kreditkarten-Format (64mm x 46mm) liegt bei fast 1 Euro, sodass ihr euch irgendwann einmal fragt, ob dieses oder jenes Bild unbedingt sein muss(te). Wäre da nicht der große Spaß, den dieses „Spielen“ mit dem Fotoapparat bereitet.

Verbesserungspotential

Zwar fühlt sich die Kamera aufgrund ihres Gewichts wertig an, nur bei genauerer Betrachtung hätte ich mir etwas höhere Verarbeitungsqualität gewünscht. Gerade beim häufigen Anschrauben und Entfernen der Objektive bin ich mir nicht sicher, ob das in einem Jahr noch ohne Schwierigkeiten klappt. Denn die Verbindungen bestehen ja auch aus Plastik. Dezent handlicher bzw. ergonomischer hätte die Lomo’Instant Automat ausfallen können, wobei dann vermutlich der sonst sehr sympathische Retro-Charme verloren gegangen wäre.

Die Kamera selbst hätte ruhig etwas mehr Metall vertragen können. (Foto: Sven Wernicke)
Die Kamera selbst hätte ruhig etwas mehr Metall vertragen können. (Foto: Sven Wernicke)

Alles in allem ist der Eindruck ein guter. Besser könnte es immer sein, etwas weniger Kunststoff wünsche ich mir für künftige Modelle. Und wenn wir schon dabei sind: Würde man parallel die Fotos auch digital auf SD-Karte sichern können – das wäre ein Traum. Nur ob das technisch überhaupt realisierbar ist?

Fazit: Eine schöne Sache!

Zugegeben: Die Lomo’Instant Automat ist mit einem Preis von 180 Euro (UVP) nichts, was man sich einfach mal so nebenbei kauft. Vor allem, weil die „Folgekosten“ nicht unwesentlich sind. Rechnet mit 16 Euro für 20 Fotos, was wirklich ins Geld gehen kann. Abgesehen davon ist die Kamera ein großer Experimentierbaukasten. Wie wohl das eine Objektiv mit dieser Einstellung wirkt? Nutze ich einen Filter oder eine Langzeitbelichtung? Beides? Dazu noch Fisheye? Ihr könnt euch regelrecht austoben und zelebriert dabei die Analogfotografie, die dank solcher Produkte einfach nicht totzukriegen ist.

Schaue ich mir meine Ergebnisse an, sind etliche Bilder alles andere als perfekt. Das ist völlig egal, denn alleine das Knipsen und Suchen nach interessanten Motiven sowie Testen der Möglichkeiten bereitete so viel Freude – und das weit entfernt von Spiegelreflex-Einstellungsoverkill und ausgiebiger Nachbearbeitung am Rechner.

Einige meiner Fotos. (Foto: Sven Wernicke)
Einige meiner Fotos. (Foto: Sven Wernicke)

Künstlerische Bilder, eigenwillige Schnappschüsse, eine Sofortbildkamera für jeden Moment. Die Lomo’Instant Automat ist nicht nur ein Hipster-Gadget zum Angeben. Es ist ein Kreativwerkzeug für jeden, der das Fotografieren auf „etwas andere“ Art erleben möchte.

Ich bin noch ganz angetan von dieser Cam, trotz einiger Makel. Fallen die für euch nicht ins Gewicht und reizt euch der Gedanke, eine solche Kamera besitzen zu wollen, dann kann ich sie euch nur empfehlen.

Weitere Details zur Lomo’Instant Automat erhaltet ihr direkt beim Hersteller.

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