Rucksack PCs für Virtual Reality: Schnall dir deinen Rechner um

So eindrucksvoll die Virtual-Reality-Brillen Oculus Rift und HTC Vive auch sind – die zahlreichen Kabel können schon anstrengen. Diverse Hersteller haben aber Lösungen parat: PCs, die VR-Enthusiasten auf dem Rücken tragen sollen. Klingt schräg? Ist es aber gar nicht mal. Ein Überblick.

Rucksack PCs für Virtual Reality: Schnall dir deinen Rechner um

Schenker, MSI und Zotac kann man durchaus als Vorreiter bezeichnen, denn diese Unternehmen möchten das Abtauchen in virtuelle Welten freier gestalten. Denn bisher werden Besitzer einer HTC Vive oder einer Oculus Rift nicht unerheblich eingeschränkt: Kabelverbindungen zu einem PC sind nötig, schließlich nimmt der Computer die Berechnungen vor und wertet die Informationen der Sensoren aus. Ein Verzicht auf Kabel ist derzeit technisch nicht möglich, die hier entstehenden hohen Datenmengen können nicht ohne Qualitätseinbußen oder Verzögerungen beispielsweise über WIFI oder Bluetooth gestreamt werden.

Machen wir uns nichts vor - das sieht seltsam aus, oder? (Foto: MSI)
Machen wir uns nichts vor – das sieht seltsam aus, oder? (Foto: MSI)

Rucksack-Rechner? Wozu?

Bis VR-Brillen tatsächlich über Funk mit dem Rechner kommunizieren können, werden vermutlich ein paar Jahre ins Land ziehen. Eine Art Zwischenlösung sind die sogenannten Rucksack PCs besagter Firmen. Sie versprechen ein freies Bewegen ohne lästige „Strippen“, da man die Hardware auf dem Rücken trägt. In teils schicken, stylischen Rucksäcken verbergen sich Highend-Komponenten, die für die VR-Headsets schließlich benötigt werden. Für Unabhängigkeit, zumindest für eine gewisse Zeit, sorgen leistungsstarke, im Livebetrieb wechselbare Akkus.

Sicher: Ein paar Kabel bleiben, nämlich die, die von der Brille in den „Ranzen“ gehen. Und aufgrund eines grundsätzlich recht hohen Gewichts bindet man die Rucksack PCs ggf. an den Bauch, um die Stabilität zu erhöhen. Auf der anderen Seite aber steigt der Grad der Immersion im besten Fall deutlich, wenn man sich so beliebig im Raum bewegen darf, ohne dass man an einer Leine gehalten wird.

Mit Rucksack-PCs steigt die Flexibilität. (Foto: MSI)
Mit Rucksack-PCs steigt die Flexibilität. (Foto: MSI)

Es ist gegenwärtig unklar, ob die Backpack PCs überhaupt aus ihrer Nische herauskommen. Vor einigen Monaten unterhielt ich mich mit einem Mitarbeiter von Schenker, der betonte: Diese Rucksack PCs sind weniger für den Massenmarkt gedacht, sondern eher für Hardcore-Gamer, für professionelle Präsentationen oder Spielhallen-Konzepte wie beispielsweise The Void. Ähnlich wie bei Lasertag können Spieler hier uneingeschränkt agieren – zumindest theoretisch. Praktisch stößt die Freiheit an andere Grenzen, nämlich die vom „Room Scale“, also dem Scannen der Fläche, die begehbar ist. Aber das ist nicht die Schuld der Backpack PCs.

Was vielleicht auch etwas abschrecken mag: Die Systeme von Schenker, MSI und Zotac sind sehr kostenintensiv, was zum einen daran liegt, dass wir hier über sehr spezielle Lösungen reden, zum anderen über potente Hardware, die auch in Form eines stationären Rechners oder Laptops teuer wäre.

Welche Modelle sind erhältlich?

Zotac VR Go

Hersteller Zotac macht es sich „einfach“. VR Go sieht nicht nach einem Rucksack aus, sondern eher wie ein Desktop-PC zum Anschnallen auf den Rücken. Verbaut werden aktuellste Komponenten für ein gutes VR-Erlebnis, genauer ein Intel Skylake Core i7-6700T, eine Nvidia GeForce GTX 1070 und 16GB RAM. Platz für eine 2,5 Zoll SATA-Festplatte ist vorhanden, eine 240GB große SSD ist für den Anfang dabei.

Die Lösung von Zotac. (Foto: Zotac)
Die Lösung von Zotac. (Foto: Zotac)

Mit einem Preis von rund 2200 Euro konkurriert das System ab Anfang Dezember 2016 direkt mit der Alternative von MSI….

Das bekommt man für über 2000 Euro. (Foto: Zotac)
Zotac VR Go 2: Das bekommt man für über 2000 Euro. (Foto: Zotac)

MSI VR One

Der VR One Rucksack von MSI sieht überaus futuristisch aus und ist ähnlich wie VR Go ausgestattet. Allerdings setzt die Backpack-Maschine auf eine dezent schwächere Grafikkarte (GeForce GTX 1060) – und das, obwohl der VR One bei rund 2000 US-Dollar liegt. Wer eine GTX 1070 und eine 512GB große SSD möchte, legt noch einmal 300 US-Dollar drauf.

Ein Jetpack? Fast. (Foto: MSI)
Ein Jetpack? Fast. Der MSI VR One (Foto: MSI)

Interessant hier: Zwei Akkus sind integriert, im Live-Betrieb kann man einen der beiden durch einen vollen tauschen. Die Hot-Swap-Funktion setzt voraus, dass man Hilfe von einer weiteren Person erhält. Während des Spielens dürfte es sehr schwierig sein, die Batterien zu wechseln. Erstaunlich: 1,5 Stunden vollen VR-Genuss kann MSI versprechen, bevor die Akkus schlapp machen. Nur ob man so lange einen 3,6 Kilogramm schweren Rucksack tragen möchte, während man sich gleichzeitig bewegt, eventuell bückt und eben körperlich aktiv ist?

Ende 2016 schafft es der MSI VR One auch in hiesige Gefilde. Mit Preisen um die 2800 Euro für das bessere Modell muss man rechnen. Aber es geht noch eine Ecke teurer…

Schenker XMG Walker

Das Leipziger Unternehmen Schenker dürfte der erste Hersteller sein, der einen VR-Rucksack veröffentlichte. Technisch bietet man kaum etwas anderes als die Mitbewerber, standardmäßig werden ein Intel Core i7-6700HQ, eine GeForce GTX 1070, 16GB RAM und eine 256GB SSD verbaut. Auch hier gibt’s zwei Akkus mit Hot-Swap-Wechsel. Nur beginnen die Preise bei 3300 Euro. Ohne VR-Brille, versteht sich. Die muss man schon extra kaufen. Das gilt auch für die Rucksäcke der anderen Produzenten.

Der Walker von Schenker. (Foto: Schenker)
Der Walker von Schenker. (Foto: Schenker)

Schenker gibt eine Nutzungsdauer (zwei Akkus) von bis zu 100 Minuten an. 3,8 Kilogramm bringt der XMG Walker auf die Waage. Auch das könnte auf Dauer nicht allzu angenehm für den Rücken sein.

HP Omen X VR PC Pack

Releasezeitraum und Preis sind noch nicht bekannt, dafür aber soll der HP Omen X VR PC Pack rund 4,5 Kilogramm wiegen. Das ist dann schon ein Schwergewicht. Wechselbare Batterien, zahlreiche Anschlüsse gibt es und auch für andere Zwecke geeignet soll dieser Rucksack sein. Sonst aber hält sich der Hersteller sehr bedeckt.

Stylisch, aber schwer. (Foto: HP)
Stylisch, aber schwer. (Foto: HP)

Ob das Gerät jemals in dieser Form erscheint? Das ist sicherlich auch abhängig von dem Erfolg von MSI VR One, Zotac VR Go und Schenker XMG Walker. Sowieso scheinen nicht allzu viele Unternehmen überzeugt davon zu sein, dass der Markt für diese Rucksack-Computer groß genug ist. Ich selbst bin ebenfalls sehr skeptisch, da ich die Zukunft entweder in eigenständigen VR-Brillen mit integriertem Rechner oder schnurlosen Streaming-Lösungen sehe – und nicht in klobigen PCs, die ich am Rücken anbringe. Als wäre ich eine Schildkröte. Pardon.

Trotzdem: Die Ansätze sind spannend und ich vermute vor allem in Arcade-Spielhallen einen sinnvollen, spannenden Einsatz. Daheim dagegen? Für einige wenige Spieler mag dies reizvoll sein, gegenwärtig jedoch nicht für den Mainstream.

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