Frohes Neues! Ein paar Gedanken zu 2022

Es gibt kein Zurück mehr: 2022 werden wir lernen müssen, Probleme global zu lösen.

Frohes Neues! Ein paar Gedanken zu 2022

Zuerst einmal wünsche ich euch ein frohes neues Jahr! Ich hoffe, ihr seid gut reingekommen, ihr habt ein wenig feiern können und der – aus mehreren Gründen – harte Winter setzt euch nicht zu sehr zu.

Ich selbst habe den Jahreswechsel 2021/22 aus privaten Gründen in Singapur gefeiert. Meine Freundin lebt hier und natürlich wollte ich nach der langen Zeit mal wieder bei ihr sein – nachdem wir uns wegen der Pandemie fast zwei Jahre nicht gesehen hatten. Viele Probleme wirken hier weit weg, auch wenn es Corona in Singapur natürlich auch gibt und nur der Umgang damit etwas stringenter ist.

Die Singapurer Regierung hatte das kleine Land mehrere Monate lang komplett abgeriegelt. Urlauber durften praktisch gar nicht rein, ausländische Arbeitskräfte nur unter sehr strengen Auflagen und auch nur, wenn sie schon vorher einen Arbeitsvertrag besessen hatten. Eine Ausreise war zwar möglich, aber die Wiedereinreise dann mitunter so kompliziert, dass viele ihre Arbeitserlaubnis verloren hätten. Selbst Einheimische, die im Ausland waren, mussten sich verpflichtend zwei Wochen lang in Selbstisolation begeben.

Heute sieht es in Singapur rosig aus. Die Wirtschaft boomt und sucht Arbeitskräfte. Zwar ist Corona weiterhin natürlich ein Thema. Dank einer sehr erfolgreichen Kampagne war Ende November aber stolze 96 Prozent der impffähigen Bevölkerung vollständig geimpft.

Der Erfolg erwuchs allerdings zu einem großen Teil auch aus Druck. Ein Nachweis per App über die doppelte Impfung ist praktisch verpflichtend für den Einlass in jedes Geschäft, jedes Café, jeden Supermarkt, jedes Restaurant – vielfach, selbst wenn man das Essen nur abholen und nicht vor Ort essen möchte. Sogar Arbeit gibt es nur noch für doppelt Geimpfte. Ausnahmen gibt es so gut wie nicht und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist ohne Impfung kaum noch möglich. Ist das zu hart?

Wie konnte es so weit kommen?

Im Hinblick auf Deutschland frage ich mich dabei, ob wir unsere Freiheit nicht manchmal etwas zu weit fassen. Man hat die Freiheit, sich nicht impfen zu lassen – und von jeder Freiheit macht der eine oder andere natürlich auch Gebrauch. Darf er ja. Mit einer solchen Denkweise hätten wir schlimme Krankheiten wie die Tuberkulose, Polio oder Diphterie allerdings niemals ausgerottet. Freiheit – ein Begriff, den wir 2021 rege diskutiert haben.

In Bezug auf die Impfmüdigkeit vieler Deutscher interessiert mich als Journalist aber vor allem eine Frage: Wie konnte es so weit kommen? Wenn nach Meinung der überwiegenden Mehrheit die Impfung doch ein Segen ist, der Nutzen hoch, mögliche Gefahren eher selten. Wie kann es dann sein, dass so viele Menschen bei dem Thema unsicher oder sogar klar dagegen sind? Was ist da schief gelaufen in der Kommunikation, in unserem Mediensystem? Und wie bekommen wir die zunehmend gespaltene Gesellschaft wieder gekittet?

Das ist eine der großen Herausforderungen nicht nur für 2022. Andere Herausforderungen dürften der Umgang nicht nur mit dem Klimawandel sein, sondern mit dem gigantischen Raubbau an unseren Ressourcen, den wir seit Jahrzehnten munter betreiben, ohne uns um die Folgen zu scheren. Das wird noch schlimmer werden, dabei hätte es eigentlich schon gestern aufhören müssen. Das Thema Nachhaltigkeit wird in diesem Jahrzehnt zur bitteren Notwendigkeit.

Das betrifft natürlich auch uns und unsere Arbeit. Unter einem Beitrag von Kollege Peter Giesecke zum Thema nachhaltige Smartphones und dass jeder einzelne dafür verantwortlich ist, kommentierte ein Leser:

„Äh, ich will jedes Jahr ein neues (Telefon), weil eure Blogs mir suggerieren, dass es ohne nicht geht.“

Touché – würde ich da sagen. 😉 Auch wir technikverliebten Redakteure müssen noch lernen, mit dem Thema umzugehen. Ein erster Ansatz dazu ist unsere Kolumne „Der Minimalist“.

Um noch einmal auf Singapur zurückzukommen: Manchmal würde ich mir wünschen, der Stadtstaat wäre beim Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit so strikt wie beim Thema Impfung. Egal, was ich wo einkaufe: praktisch alles wird mir in unzähligen Plastiktüten überreicht. Gefragt, ob ich das überhaupt möchte, werde ich meistens gar nicht.

Obwohl Singapur dank der geografischen Lage (1 Grad Nord, tropisches Klima) ein Sunshine State ist, sieht man nur ganz selten mal irgendwo überhaupt eine Solarzelle. Schaue ich aus meinem Fenster, finde ich die einzigen überhaupt – interessanterweise – auf dem Dach der benachbarten Moschee:

Singapur: Sunshine State – fast – ohne Fotovoltaik.

Also selbst im trüben Winter kommt in einer deutschen Kleinstadt wahrscheinlich mehr Strom aus Fotovoltaik zustande als hier. In Singapur ist eben auch nicht alles Gold, was glänzt. Oder drücken wir es konstruktiver aus: Corona, Klima, Umwelt – unsere drängendsten Probleme sind längst global. Das Ziel kann nur lauten, voneinander zu lernen und in dem besser zu werden, wo man selbst noch Nachholbedarf hat.

In diesem Sinne ein erfolgreiches und gesundes Jahr 2022!

Jürgen Vielmeier
Redaktionsleiter EURONICS Trendblog

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